| Landeskirche

Polnische Theologin unterstützt Landeskirche

Interview mit Dr. Iwona Baraniec

Dr. Iwona Baraniec ist seit Oktober 2015 für insgesamt drei Jahre als ökumenische Mitarbeiterin tätig im Dienst für Mission und Ökumene der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Die 32-Jährige hat in Warschau Evangelische Theologie und französische Philologie studiert; ihre theologische Doktorarbeit verfasste sie über die Gleichnisse Jesu im Lukasevangelium. Sie war im polnischen Ökumenischen Rat der Kirchen und als Assistentin der Direktorin der polnischen Diakonie tätig. 2010 wurde sie in den Rat des Lutherischen Weltbundes gewählt. Pressepfarrer Peter Steinle hat mit ihr gesprochen.

Frau Dr. Baraniec, was hat Sie motiviert, nach Württemberg zu kommen und in unserer Evangelischen Landeskirche im Dienst für Mission und Ökumene mitzuarbeiten?
Iwona Baraniec:
Es bedeutet mir viel, dass sich die Menschen hier für meine Kirche interessieren und dass ich meine Kirche hier präsentieren kann. Umgekehrt lerne ich hier auch vieles: Die evangelische Kirche ist hier in der Gesellschaft sehr präsent; die volkskirchlichen Strukturen, die es hier gibt, kenne ich bisher so nicht.

Können Sie uns Ihre Kirche kurz vorstellen?
Baraniec:
Wir Evangelischen sind in Polen eine Minderheitenkirche in einer Diasporasituation. Die Ideen der Reformation sind von Deutschland zwar schon im 16. Jahrhundert bei uns angekommen: Schon 1563 gab es eine polnische Bibelübersetzung. Aber vielerorts wurden die Reformbestrebungen von der Obrigkeit unterbunden. Heute gehören rund 95 Prozent der polnischen Bevölkerung der katholischen Kirche an und nur 0,2 Prozent zu unserer Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses. Das sind rund 71.000 Gemeindeglieder mit 154 Pastoren in 133 Kirchengemeinden.

Sie sprechen von Pastoren nur in der männlichen Form?
Baraniec:
Ja, die Frauenordination wurde bei uns zwar schon in den 1950er Jahren diskutiert, aber ohne einen entsprechenden Beschluss. In letzter Zeit wurde die Diskussion wieder neu angestoßen, auch von unserem Bischof. Eine von unserer Synode eingesetzte Kommission ist im Jahr 2008 zum Ergebnis gekommen, dass es keine theologischen oder biblischen Gründe gibt, die Frauenordination zu verweigern. Jetzt im April will unsere Synode erneut darüber abstimmen – aber nach meiner Einschätzung ist der Ausgang noch völlig offen.

Das betrifft ja auch Sie persönlich?
Baraniec:
Bevor ich nach Deutschland kam, habe ich in der Diakonie gearbeitet; ich könnte mir vorstellen, auch künftig in diesem Bereich tätig zu sein. Es ist auch wichtig, dass nicht-ordinierte Theologinnen und Theologen ihren Platz in der Kirche finden können.

elk-wue.de: Wie sind die ökumenischen Beziehungen Ihrer Kirche in Polen?
Baraniec:
Auf gute Kontakte zur großen katholischen Kirche sind wir notwendig angewiesen. Ich bin froh, dass es da auch eine sehr gute ökumenische Zusammenarbeit gibt, etwa bei Wohlfahrtsprojekten oder bei einer gemeinsamen Bibelübersetzung.

Die neue polnische Regierung hat sich in Europa den Vorwürfen der Einschränkung von Demokratie und Meinungsfreiheit ausgesetzt. Wie erleben Sie und Ihre Kirche das?
Baraniec:
Natürlich gibt es auch bei uns viele, die darüber in Sorge sind und kritische Fragen stellen. Als Kirche sind wir aber nicht unmittelbar in politische Prozesse einbezogen. Wir beten natürlich für unser Land, aber wir wollen vermeiden, dass Kirchenvertreter politische Empfehlungen aussprechen: Jeder in unserer Kirche kann natürlich wählen, wen er will. Für uns sind die lokalen und regionalen Kontakte in die Politik ohnehin oft viel wichtiger, gerade in diakonischen Projekten.

Und wenn Freiheitsrechte wie jetzt die Pressefreiheit eingeschränkt werden – machen Sie sich dann auch Sorgen um die Religionsfreiheit?
Baraniec:
Nein: Polnisch zu sein, bedeutet, christlich zu sein – meist natürlich katholisch. Die Religionsfreiheit ist ein wichtiger Artikel in unserer Verfassung.

Sie sind seit 2010 Mitglied im Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB). Womit beschäftigen Sie sich dort?
Baraniec:
Ich beteilige mich an den Aktivitäten des Büros für Frauen in Kirche und Gesellschaft. Und ich bin Mitglied eines Ausschusses, der sich weltweit um diakonische Projekte kümmert – zurzeit beispielsweise um die Ernährung von Flüchtlingen in Lagern im Libanon, in Jordanien und in der Türkei, nachdem die Europäische Union und andere im Winter 2014 ihre Hilfen gekürzt hatten.

Wie können evangelische Kirchengemeinden in Württemberg von Ihren Erfahrungen und Kenntnissen profitieren?
Baraniec:
Sie können mich einfach einladen: Ich bin ständig unterwegs und gerne zu Gast bei Frauenfrühstücken oder im Konfirmandenunterricht – und natürlich gestalte ich Gottesdienste mit.

Festgottesdienst zur Einführung von Dr. Iwona Baraniec als ökumenischer Mitarbeiterin im Dienst für Mission und Ökumene der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Sonntag, 24. Januar, 10 Uhr, Mauritiuskirche Reutlingen-Betzingen, Im Dorf 1

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