| Gesellschaft

"So eine Chance bekommst du nur einmal"

Diakonie in Württemberg bildet junge Kosovaren aus

27 junge Menschen aus dem Kosovo haben im September und Oktober eine Ausbildung in der Altenpflege in Baden-Württemberg begonnen. Zum Beispiel in Freudenstadt im Schwarzwald oder in Mariaberg auf der Schwäbischen Alb. Achim Stadelmaier war dort.

Kushtrim, Besa und Kushtrim im Park in Mariaberg.Evangelisches Medienhaus Stuttgart - Achim Stadelmaier

„So eine Chance bekommst du nur einmal im Leben“, strahlt Besiana, kurz Besa. Wenn sie von ihrer Ausbildung erzählt, sprudelt es aus der 23-Jährigen nur so heraus. Zusammen mit zwei jungen Männern, Kushtrim und Kushtrim, lernt sie seit einigen Wochen in der Diakonischen Einrichtung in Mariaberg bei Gammertingen auf der Schwäbischen Alb. Besa betreut unter anderem schwer- und mehrfachbehinderte Menschen, die dort in kleinen Wohngruppen zusammenleben.

Neben Besa werden in den kommenden drei Jahren 26 weitere junge Kosovaren hier in Baden-Württemberg in der Altenpflege ausgebildet. Möglich macht das ein bisher einmaliges Projekt der Diakonie Württemberg, die die Idee in Zusammenarbeit mit einer Partnerorganisation im Kosovo verwirklicht hat. Aus 150 Bewerbern wurde die Gruppe ausgewählt. Alle mussten einen neunmonatigen Vorbereitungskurs absolvieren, Deutsch lernen und eine mehrtätige Hospitanz in einer diakonischen Einrichtung in Württemberg ableisten.

Besa hat wie alle anderen einen Abschluss an einer berufsbildenden medizinischen Mittelschule. Im Kosovo hätte sie damit als Krankenschwester arbeiten können. In der Theorie. Denn Jobs gibt es kaum. Über 60 Prozent der jungen Leute sind arbeitslos. „Ich habe dort keine Zukunft für mich gesehen. Man arbeitet und versucht, sich weiterzubilden, und am Ende steht man mit nichts da“, sagt sie. Besa wollte die Perspektivlosigkeit hinter sich lassen. Dass die junge Frau jetzt in Mariaberg auf der Alb gelandet ist, stört sie nicht. „Die Landschaft ist schön. Wir waren auch schon öfter in Reutlingen und in Stuttgart.“ Ihre guten Deutschkenntnisse verdankt sie auch deutschen Fernsehsendern. „Ich habe früher regelmäßig KiKa, Super RTL oder Pro Sieben geschaut. Außerdem leben Verwandte hier in Deutschland“.

Nicht nur sprachlich kommen die jungen Kosovaren bisher gut zurecht. „Anpassungsschwierigkeiten gab es kaum“, bestätigt Sigrun Ott. Die Pflegedienstleiterin in Mariaberg und Besas Chefin freut sich über die drei jungen, motivierten Azubis. „Sie sind ein Gewinn für uns. Wir machen immer häufiger die Erfahrung, dass deutsche Jugendliche wenig Lust haben, in diesem Bereich eine Ausbildung zu beginnen.“

Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender der württembergischen Diakonie, heißt junge Kosovaren Willkommen.Evangelisches Medienhaus Stuttgart - Achim Stadelmeier

Dieser Pflegenotstand ist ein Problem. Deutschland altert unaufhörlich. Mit dem demografischen Wandel steigt auch der Bedarf an qualifizierten Pflegekräften. „Ohne Zuwanderung wird das kaum zu schaffen sein. Wir brauchen Besa und die anderen“, sagt auch Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, der Chef der Diakonie Württemberg. Er will mehr legale und qualifizierte Zuwanderung ermöglichen. Deshalb wird auch das Ausbildungsprojekt ausgebaut. „Momentan beginnen die konkreten Planungen für die zweite Runde mit dann 50 Auszubildenden“, erzählt Kaufmann, der sichtlich angetan war von der ersten Gruppe um Besa, die er im Sommer bei deren Ankunft am Flughafen kennengelernt hat.

Wenn die zweite Ausbildungsrunde startet, wird es auch wieder einen längeren Vorbereitungskurs für die jungen Kosovaren geben. Ein Thema beim letzten Mal: „Was isst man in Deutschland?“ Dieter Kaufmann schmunzelt. „Schwäbische Maultaschen stehen dann sicher auch wieder auf der Liste. Ein absolutes Muss.“

Besa macht schon mal kräftig Werbung in ihrer Heimat. „Ich habe es allen erzählt, wie herzlich und warm ich hier empfangen wurde. Das ist das Beste, was einem Jugendlichen aus dem Kosovo passieren kann.“ Die 23-Jährige will nach der Ausbildung hier bleiben. Das Recht dazu hätte sie, denn alle kosovarischen Auszubildenden können zum Zweck der Arbeit als Pflegefachkraft dauerhaft in Deutschland bleiben. Dann wird Besa sicher auch noch oft die Gelegenheit haben, sich schwäbische Maultaschen schmecken zu lassen.

Achim Stadelmaier


Mehr News

  • Datum: 18.05.2024

    Pfingsten steht für Hoffnung und Begeisterung

    Pfingstimpuls von Dan Peter - Sprecher der Landeskirche. Der Ausdruck für etwas „Feuer und Flamme“ zu sein aus der Pfingstgeschichte der Bibel hat sich bis heute erhalten. Hoffnung statt Untergangsrhetorik, dafür steht das Pfingstfest.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.05.2024

    TV-Tipp: Mamas Stimme überlebt

    Mütter und Väter, die unheilbar krank sind, haben häufig den Wunsch, ihren Kindern etwas Persönliches zu hinterlassen. Mit einem Familienhörbuch ist das möglich. Was ist das? Und wie geht das? Darüber spricht Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb mit ihren Gästen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.05.2024

    „Wir haben den Beruf zum Brückenbauen“

    „Wir haben den Beruf zum Brückenbauen! Deshalb lasst uns in der Gemeinschaft der weltweiten Kirche unserem pfingstlichen Auftrag nachkommen! Lasst uns Brücken bauen, die die Menschen zusammenführen.“ So appelliert Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in seiner Pfingstbotschaft.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.05.2024

    Samuel Holzhäuer wird Schuldekan in Ravensburg

    Samuel Holzhäuer wird Schuldekan des Kirchenbezirks Ravensburg. Ihm ist wichtig, „dass in einer Zeit zunehmender Krisen und Orientierungslosigkeit die hoffnungsvolle Botschaft des Evangeliums lebensnah und kreativ in die Lebenswelt von jungen Menschen gesprochen wird“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.05.2024

    Partnerschaft mit georgischer Kirche

    Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der Partnerschaft zwischen der württembergischen Landeskirche und der evangelisch-lutherischen Kirche in Georgien reiste im April eine kleine Delegation nach Georgien. Darüber berichtet hier Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.05.2024

    Kirchen im Land rufen zur Wahl auf

    Die vier großen Kirchen in Baden-Württemberg rufen in ihrem gemeinsamen Pfingstwort alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und für Demokratie und Menschenrechte zu stimmen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.05.2024

    Konfirmationspredigt: „Ihr seid nicht die letzte Generation“

    Pfarrerin Sara Stäbler spricht in ihrer Konfirmationspredigt über die Studie „Jugend in Deutschland 2024“, der darin bescheinigten deprimierten Stimmung, warum sie ihre Konfirmanden trotzdem für Hoffnungsträger hält und welche Rolle der Glaube dabei spielt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 14.05.2024

    Landesmissionsfest in Heidenheim

    Am 15. und 16. Juni findet das Landesmissionsfest unter der Überschrift „Grenzenlos. United by mission“ in Heidenheim statt. Hier finden Sie einen Überblick über das Programm. Es startet mit einem Missions-Jungschartag sowie einem Kindererlebnistag.

    Mehr erfahren
  • Datum: 14.05.2024

    Tag der weltweiten Kirche 2024

    Die württembergische Landeskirche und der Internationale Konvent christlicher Gemeinden in Württemberg laden für Pfingstmontag zum Tag der weltweiten Kirche nach Stuttgart ein. Motto des Tages: "Brücken statt Mauern". Hier finden Sie alle Informationen zum Programm.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.05.2024

    Kirchengemeinden und -bezirke auf Social Media

    Wie kann Kirche dort sein, wo die Menschen sind, und welche Inhalte machen auf welchem Kanal und in welcher Form Sinn? Jonas Dietz, Referent für Neue Medien im Kirchenbezirk Waiblingen, gibt Social Media Tipps für Gemeinden und Bezirke.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.05.2024

    Hilfe für Flutopfer in Südbrasilien

    Die Menschen im Süden Brasiliens kämpfen seit Tagen mit Hochwasser in Folge der außergewöhnlich starken Regenfälle. Das Gustav-Adolf-Werk (GAW) hilft der Evangelische Kirche lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (ELKBB), die Not zu lindern. Auch Sie können helfen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 08.05.2024

    Herz und Herz - Der Song zum Innovationstag

    „Herz und Herz vereint zusammen" - die Band „Weida & Mohns“ hat für den Innovationstag der Landeskirche Zinzendorfs Kirchenliedklassiker neu arrangiert. Für Gemeindebands bieten sie Noten, Arrangements und Materialien zur Nutzung in Gemeinden an.

    Mehr erfahren
Mehr laden