| Bezirke und Gemeinden

Wirtschaften zum Wohl aller

Reutlinger Gespräch Wirtschaft – Kirche über Gemeinwohlökonomie

Wenn mehr Unternehmen nicht nur an Profit, sondern auch an das Wohl der Gesellschaft und der Umwelt denken würden, „dann hätten wir ein paar Probleme weniger auf der Welt“, zeigte sich Antje von Dewitz, die Geschäftsführerin des Outdoor-Ausrüsters Vaude aus Tettnang, überzeugt. Als Pionierin einer Gemeinwohlökonomie sprach sie vor rund hundert Gästen beim zwölften Reutlinger Gespräch Wirtschaft – Kirche, zu dem der evangelische Prälat Dr. Christian Rose zusammen mit dem Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer (AEU) und der Stadt Reutlingen am Freitag, 4. März in den Spitalhof eingeladen hatte.

Podiumsdiskussion mit Prälat Dr. Christian Rose, Antje von Dewitz, Claus Kimmerle, Finanzbürgermeister Alexander Kreher und Moderatorin Ingrid Peters (AEU) (von links)Peter Steinle

Die Idee einer Gemeinwohlökonomie sei 2010 von dem österreichischen Attac-Begründer und Universitätsdozenten Christian Felber vorgestellt worden und verbreite sich seitdem weltweit, erklärte Prälat Dr. Rose. Ziel sei es, Werte des menschlichen Miteinanders auch in der Wirtschaft zur Geltung zu bringen. Antje von Dewitz erläuterte dies am Beispiel ihres Unternehmens, das sie 2009 von ihrem Vater, dem Firmengründer, übernommen hat: „Unser unternehmerisches Handeln vollzieht sich im Dreieck zwischen Mensch, Umwelt und Ertrag.“ Als Unternehmer müsse man dort Verantwortung übernehmen, wo man handelt, zeigte sie sich überzeugt. Sie distanzierte sich damit von Mäzenen, die ihr Kapital zunächst rein profitorientiert erwirtschaften und anschließend nur mit einem kleinen Teil davon Gutes tun. Ihr Unternehmen lässt sich dagegen in einer Matrix zertifizieren nach den Kriterien Menschenwürde, Solidarität, Ökologie, soziale Gerechtigkeit sowie demokratische Mitbestimmung und Transparenz. Punkte sammelt von Dewitz mit fairen Löhnen in deutschen wie auch asiatischen Produktionsstätten, einer eigenen Betriebs-Kindertagesstätte, flexiblen Arbeitszeitmodellen für junge Eltern sowie einem Mobilitätskonzept mit eigenen Bussen und einem E-Bike-Fuhrpark.

Scharfe Kritik an der Politik der Europäischen Zentralbank übte Claus Kimmerle als Vorstandsmitglied der Sparkasse Zollernalb in seinem Impulsreferat: Zwar engagierten sich alle Sparkassen für eine wirtschaftlich, sozial und ökologisch zukunftsfähige Entwicklung in ihrer Region. Seit Ausbruch der Finanzmarktkrise arbeite die Europäische Zentralbank aber an neuen Gesetzen und Regeln für mehr Sicherheit der Banken. Das geplante Modell sei „eine Abkehr vom Einzelkredit hin zu einer unkenntlichen Masse aus systemgenerierten Datenclustern“, so Kimmerle: „Wo bleibt da die individuelle Lebensplanung des Einzelnen, wo die Interessen der Region? Der Wunsch des Kunden kommt darin nicht mehr vor!“ Kimmerle zeigte sich überzeugt: „Die Annahme, Bankgeschäfte ließen sich durch die Vorgabe von Standards völlig risikolos machen, ohne dieses Geschäft irgendwann abzuwürgen, halte ich für einen Irrweg!“

Eine Kommune wie Reutlingen sei von vornherein dem Gemeinwohl verpflichtet, sagte der Reutlinger Finanzbürgermeister Alexander Kreher: Zu einer positiven Gemeinwohlbilanz trage in Reutlingen ein ethisches Beschaffungsmanagement ebenso bei wie die Arbeitsplatzqualität und Gleichstellung für städtische Angestellte oder das Klimaschutzkonzept. Die 2002 eingerichtete Stabsstelle Bürgerschaftliches Engagement solle zudem Bürger, Vereine und Firmen dabei unterstützen, sich für die Belange anderer Menschen einzusetzen.

Quelle: Peter Steinle | Medienbeauftragter Prälatur Reutlingen


Mehr News

  • Datum: 04.05.2024

    1.000 Menschen feiern Fest der Innovation

    Rund 1.000 Haupt- und Ehrenamtliche aus allen Regionen der württembergischen Landeskirche sind in Reutlingen zusammengekommen, um ihre Ideen für die Zukunft der Kirche zu präsentieren, zu diskutieren und um sich von den Ideen anderer inspirieren zu lassen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.05.2024

    „Gott provoziert Veränderungen und begleitet sie“

    Die Kirchengemeinden hätten viel Gestaltungsspielraum, sagte Anna-Nicole Heinrich (Präses der 13. Synode der EKD) auf dem Innovationstag der Evangelischen Landeskirche in Reutlingen, und ermutigte dazu, ihn zu nutzen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.05.2024

    Kira Geiss: „Kirche ist für mich Lebensfreude"

    Beim Innovationstag der Landeskirche trafen sich Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Kira Geiss, Miss Germany 2023 und christliche Influencerin, um über ihre Erfahrungen mit Innovation in der Kirche zu sprechen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.05.2024

    „One size fits all funktioniert nicht mehr“

    Dr. Klaus Douglass, Direktor der Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) betonte auf dem Innovationstag der Landeskirche, Kirche müsse sich von innen heraus erneuern. Es gebe auch zahlreiche Belege für Erneuerung in der Bibel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.05.2024

    „Hoffnung macht mir die Kirche, die nah bei den Menschen ist“

    Beim Innovationstag der Landeskirche tauschen sich rund 1.000 ehren- und hauptamtliche Teilnehmende über Innovationsideen und -projekte aus und lassen sich in Workshops und Vorträgen inspirieren. Hier finden Sie das Eröffnungsgrußwort von Landesbischof Gohl im Volltext.

    Mehr erfahren
  • Datum: 03.05.2024

    „Begeisterung für Fußball erleben“

    Vom 14. Juni bis 14. Juli findet in Deutschland die Fußball-EM der Männer statt. Fünf der Spiele werden in Stuttgart ausgetragen. Die Landeskirche begleitet das Großereignis unter dem Dach der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit vielen Angeboten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 03.05.2024

    TV-Tipp: Vierfacher Vater plötzlich Witwer

    Innerhalb weniger Wochen änderte sich Stefan Bitzers Leben komplett. Er verlor seinen Job, seine Frau, seinen Vater – und blieb zurück mit vier Kindern. Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb spricht mit ihm darüber, wie er diese kritische Lebensphase bewältigte.

    Mehr erfahren
  • Datum: 30.04.2024

    „Stadtradeln“ mit Gottes Segen

    Die württembergische Landeskirche unterstützen die Aktion „Stadtradeln“ mit dem Landesarbeitskreis „Kirche und Sport“ und mit der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie dem Württembergischen Landessportbund. Unter dem Motto Achtsamkeit werden ein Andachtsentwurf und kostenfreie Aufkleber „Bleib behütet auf all deinen Wegen“ angeboten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 30.04.2024

    So begeistert Gemeinde – sieben Projekte

    Unter dem Motto #gemeindebegeistert stellen Menschen auf dem Innovationstag Projekte vor, die auf neue Weise Kirche der Zukunft gestalten: Von „4 Pfarrer auf 1 Streich“ bis „Schwätzbänkle“. Wir haben gefragt, was die Ideen besonders macht und welche Vision dahintersteckt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 29.04.2024

    Video: „Gottesdienste sind fast wie Urlaub“

    Was macht an dem Beruf der Mesnerin besonders Spaß? Welche Herausforderungen bringt er mit sich, und warum fühlt er sich manchmal wie Urlaub an? Rundfunkpfarrerin Barbara Wurz hat bei SWR1 Begegnungen Gabi Sauer, die Mesnerin der evangelischen Veitskirche in Nehren, zu Gast.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.04.2024

    Zum 90. Geburtstag von Prof. Dr. Martin Rößler

    „Wir gratulieren Martin Rößler und wünschen ihm Gottes Segen. Einen passenderen Sonntag als diesen gibt es für Martin Rößler nicht: Sonntag Kantate, der das geistliche Singen in den Mittelpunkt stellt.“ Landesbischof Gohl gratuliert Prof. Dr. Martin Rößler zum 90. Geburtstag.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.04.2024

    „Das Gesangbuch ist ein Lebensbuch“

    „Singen ist Lebenshilfe. Das Gesangbuch ist mehr als eine Sammlung von Liedern für wechselnde Jahreszeiten und sonstige Anlässe. Das Gesangbuch ist ein Lebensbuch.“ Das sagt Landesbischof Gohl in seiner Predigt aus Anlass des 500-jährigen Jubiläums des evangelischen Gesangbuchs.

    Mehr erfahren
Mehr laden