| Gesellschaft

"Religion im Öffentlichen Raum"

Bildungsforum Oberschwaben in Biberach

Religion im öffentlichen Raum – unter diesem Thema steht das 4. Bildungsforum Oberschwaben am Mittwoch, 7. Februar, in der Biberacher Gigelberghalle. Prominente Teilnehmer wie Landtagspräsidentin Muhterem Aras, Landesbischof Dr. h.c. Frank Otfried July und Bischof Dr. Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart signalisieren dabei zum einen die gesellschaftliche Bedeutung dieser Veranstaltung, zum anderen aber auch ihre ökumenische Weite. Denn was einst unter dem Namen „Aulendorfer Erziehertag“ als evangelisches Flaggschiff im katholischen Oberschwaben galt, ist heute ein offenes Forum für den Diskurs über Werte und Glaubensleben in der Gesellschaft im Allgemeinen und Schule im Besonderen.  

Schuldekan Michael Pfeiffer

„Wir wollen mit dieser Veranstaltung zeigen, dass wir als Christen nur noch gemeinsam in der Öffentlichkeit wirken können“, erklärt der Biberacher Schuldekan Michael Pfeiffer als Hauptorganisator. „Ich möchte zwar nicht, dass man nicht mehr weiß, was evangelisch und was katholisch ist, aber diese Profile müssen nicht mehr trennen.“ Wie wichtig dieses ökumenische Verständnis ist, wird schon allein am Rückgang der getauften Kinder deutlich. Selbst in Oberschwaben, wo sich gesellschaftliche Entwicklungen mitunter etwas verzögert einstellen, ist es nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder in der 3. oder 4. Klasse das Vaterunser beherrschen. Auch dort seien mittlerweile 20 Prozent der Schulanfänger konfessionslos, stellt der Ravensburger Schuldekan Frank Eberhardt fest. „In den Grundschulen wird aber kein Ethikunterricht angeboten. So kommt es, dass der Religionsunterricht oftmals in den unattraktiven Randstunden oder am Nachmittag eingeplant wird. Da steigt natürlich die Bereitschaft, das Kind abzumelden.“

Zusammen mit Professor Kuno Schmid von der Universität Luzern nimmt Schuldekan Eberhardt deshalb beim Workshop „Religion lebendig halten an der Schule“ eine Alternative zum konfessionellen Unterricht in den Blick. Im Kanton St. Gallen können die Schülerinnen und Schüler innerhalb des Wahlpflichtfaches Ethik, Religionen, Gemeinschaft (ERG) wählen, ob sie am kirchlichen oder staatlichen Unterricht teilnehmen. Der Vorteil ist laut Eberhardt, dass alle an diesem Unterricht teilnehmen müssen. Damit kann das Fach auch problemlos in den Stundenplan integriert werden.

Wenn man Religion total in das Privatleben abschiebt, dann ist keine kritische Reflexion mehr möglich.

Frank Eberhardt, Schuldekan Ravensburg

Einen großen Traditionsabbruch, was Glaubensvermittlung und Zugehörigkeit betrifft, bemerken alle Kirchen. „Es gibt einen großer Widerstand in der Bevölkerung, sich von irgendwelchen Verbänden, Organisationen oder Institutionen bevormunden zu lassen“, erklärt Schuldekan Pfeiffer. Umso wichtiger sei es, bei dieser Veranstaltung hinzuschauen, welche Funktion Religion im öffentlichen Raum hat. Laut Schuldekan Eberhardt hat der Umgang mit Religiosität in der Öffentlichkeit viel an Selbstverständlichkeit verloren. Dabei gehöre Religion in den öffentlichen Diskurs. Eberhardt: „Wenn man sie total in das Privatleben abschiebt, dann ist keine kritische Reflexion mehr möglich.“ Das deutlich zu machen, sei ein Anliegen der Veranstaltung.

Dass in Biberach auch der Islam ins Blickfeld genommen wird, ist keine Frage. Der Religionswissenschaftler Dr. Michal Blume hebt dabei die Vielfalt dieser Religion hervor. „Den“ Islam gibt es nicht, betont er. Obwohl durch die Berichterstattung in den Medien vor allem die radikalisierte Form wahrgenommen werde, gebe es durchaus auch verstärkt eine Hinwendung zur Säkularisierung. „Von der Barmherzigkeit Allahs, die eigentlich im Zentrum des Isalms steht, vernehmen wir in den Medien eigentlich nichts“, bemängelt Pfeiffer.

Wirtschafts- und Sozialpfarrer in der Prälatur Ulm Albrecht Knochbateaublanc

„Unterschiede aushalten und die Gesellschaft zusammenhalten – dazu können Religionen einen positiven Beitrag leisten“. Davon ist Albrecht Knoch, Wirtschafts- und Sozialpfarrer in der Prälatur Ulm, überzeugt. Seine Erfahrungen bezüglich der Zusammenarbeit mit den Betrieben sind in der Regel sehr gut: „Wenn ich mit meinem katholischen Kollegen Kontakt zu einem Betrieb aufnehme, treffen wir sowohl bei der Leitung also auch beim Betriebsrat auf großes Interesse.“ Sie würden als kompetente Gesprächspartner wahrgenommen, wenn es um soziale und zwischenmenschliche Fragen innerhalb des Unternehmens gehe. 

Dekan Helger Koepffprivat

„Wir haben von Jesus Christus den Auftrag, diese Gesellschaft in seinem Sinne mitzugestalten“, sagt der Biberacher Dekan Hellger Koepff. Aus diesem Grund sind die Kirchen neben dem Landkreis und vielen weiteren Akteuren im öffentlichen Raum auch Mitglied im „Bündnis für Demokratie und Toleranz Biberach“. Dieses hat sich auf die Fahne geschrieben, die Demokratie von innen heraus zu stärken. Dazu gehört laut Koepff auch, dass man sich kennt sowie miteinander und nicht übereinander redet. In diesem Sinne ist für ihn das 4. Bildungsforum Oberschwaben ein guter Baustein, „weil es bewusst unsere Verantwortung in der Mitgestaltung der Gesellschaft wahrnimmt.“

Barbara Waldvogel


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