| Landeskirche

„Kurs ist nicht gleich Kurs“

Flüchtlingsarbeit als Herausforderung für Evangelische Erwachsenenbildung

Welche Rolle kann evangelische Erwachsenenbildung in Kirche und Gesellschaft spielen? Was sind die Themen und Herausforderungen in nächster Zeit? Und wie sieht eine zeitgemäße Erwachsenenbildung aus? Seit Anfang Oktober 2015 beschäftigt sich Dr. Wolfgang Schnabel als Geschäftsführer der Landesstelle für Evangelische Erwachsenen- und Familienbildung und der Landesarbeitsgemeinschaft evangelischer Bildungswerke mit diesen Fragen. Ute Dilg hat mit ihm gesprochen.

EMH - Ute Dilg

Sie sind seit Oktober 2015 im Amt. Mit welchen Herausforderungen für die evangelische Erwachsenenbildung sehen Sie sich konfrontiert?
Dr. Wolfgang Schnabel: Eine große Herausforderung ist sicherlich die Flüchtlingsfrage. Die Integration dieser Menschen ist eine große Aufgabe. Dadurch verändert sich unsere Gesellschaft. Ein wichtiger Beitrag der Erwachsenenbildung liegt dabei sicherlich in der Qualifizierung der Ehrenamtlichen, die in der Flüchtlingsarbeit engagiert sind.

Haben Sie da schon konkrete Vorstellungen?
Schnabel: Unsere Landesstelle wird gemeinsam mit anderen Kooperationspartnern  Streitschlichterteams in Flüchtlingsheimen ausbilden – ähnlich der Streitschlichter an den Schulen. In der Enge der Heime kommt es ja immer wieder zu Konflikten, die so entschärft werden könnten. Wichtig wird auch eine Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk sein. Momentan fehlen Referenten zum Thema Flüchtlingsarbeit. Diese müssen wir ausbilden, damit sie ihrerseits wieder Kurse für Ehrenamtliche anbieten können.

Wer von Erwachsenenbildung redet, denkt oft an die Volkshochschulen. Woran liegt es, dass die Evangelische Erwachsenenbildung trotz guter Teilnahmezahlen in der Öffentlichkeit recht wenig bekannt ist?
Schnabel: Momentan tun wir viel Gutes, reden aber zu wenig darüber. Derzeit planen wir, im Verbund der Kirchlichen Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Baden-Württemberg einen Fachtag auszurichten und einen Innovationspreis auszuschreiben. Gemeinsam sind wir stärker und können uns besser präsentieren. Außerdem bekommen wir so hochkarätige Gäste aufs Podium, was wiederum mehr Öffentlichkeitswirkung bringt. Was die innerkirchliche Öffentlichkeitsarbeit angeht, wollen wir verstärkt das Reformationsjubiläum und das Erscheinen der revidierten Lutherbibel nutzen. Für die zweite Jahreshälfte etwa haben wir uns zum Beispiel vorgenommen, einen Online-Kurs zum Thema „Luther und die Bibel“ anzubieten, der kostenlos vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Gemeinden zur Verfügung stehen soll.

Sind Kurse in der Erwachsenenbildung eigentlich noch zeitgemäß?
Schnabel: Die Zeit der umfangreichen Seminarangebote, die sich über viele Abende erstrecken, neigt sich in der Tat dem Ende zu. Allerdings haben wir nach wie vor Zielgruppen, die diese Kursform grundsätzlich schätzen. Kurs ist ja nicht gleich Kurs. Es ist wichtig, sich nicht nur auf Wissensvermittlung zu konzentrieren, sondern auch die Gefühlswelt und die existenziellen Bedürfnisse der Menschen anzusprechen. Man darf nicht nur den Verstand im Blick haben, sondern muss auch das Herz erreichen. Es geht also um Persönlichkeitsbildung, die ja über die reine Wissensanhäufung hinausgeht. Wenn das gelingt, bleiben  Kurse nach wie vor relevant.

Was möchten Sie in zehn Jahren erreicht haben?
Schnabel:
Ich möchte, dass die Erwachsenenbildung als wichtiger Bestandteil unserer Landeskirche erhalten bleibt. Nicht um ihrer selbst willen, sondern um ihres Beitrags zur Verkündigung des Evangeliums willen. Wenn diese Auffassung in der Landeskirche präsent bleibt, dann hätte ich viel erreicht.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Evangelische Erwachsenenbildung in der Landeskirche einen schweren Stand hat.
Schnabel:
Wir besetzen zwischen den großen Playern der Landeskirche wie der Jugendarbeit und der Diakonie ein bestimmtes Segment. Wenn in den Kirchenbezirken über Einsparungen geredet wird, ist leider die Erwachsenenbildung öfter Thema als die Jugendarbeit oder die Diakonie. Aus dem Grund haben wir ein Gesetzesverfahren in der Kirche angestoßen, um die evangelische Erwachsenenbildung flächendeckend zu sichern. Die Bereitschaft der Synode, ein derartiges Gesetz zu unterstützen, ist übrigens über alle Gesprächskreise hinweg da.

Vielen Dank für das Gespräch.


Mehr News

  • Datum: 29.03.2024

    Karfreitag: Bruchstücke des Lebens

    „Ich kann die Gebrochenheit in meinem Leben zulassen, weil ich weiß, dass auch ich mit all meiner Bruchstückhaftigkeit, auch mit meinem Scheitern einfach in Gottes Liebe aufgehoben bin“, sagt Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in diesem SWR-Gespräch über Karfreitag.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    „Leben ist ein unverfügbares Geschenk“

    In seiner Osterpredigt weist Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl auf die Heiligkeit des menschlichen Lebens hin und warnt vor gesellschaftlichen Risiken: „Eine Gesellschaft, die meint, sich selbst das Leben zu verdanken, verliert am Ende die Ehrfurcht vor dem Leben.“

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Osterbotschaft: „Sieg des Lebens“

    „Ostern ist der Sieg des Lebens über den Tod, der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit“, sagt Landesbischof Gohl in seiner Osterbotschaft. Im Video nimmt er Sie mit auf den Birkenkopf bei Stuttgart, wo nach dem 2. Weltkrieg große Mengen Fassadentrümmer aufgeschüttet wurden.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Mit den Sinnen feiern: Ostern mit den Konfis

    Ostern ist kein einfaches Fest. Wie man dieses zentrale Fest der Christenheit Konfirmanden und Konfirmandinnen nahebringt, davon erzählen Pfarrer Friedemann Bauschert (Stephanuskirche Tübingen) und Pfarrer Martin Trugenberger, Dozent für Konfirmandenarbeit am ptz.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Spenden für humanitäre Hilfe im Nahen Osten

    Nach den Angriffen der Hamas auf die israelische Bevölkerung ist die humanitäre Lage der Menschen in den betroffenen Gebieten dramatisch. Medikamente, Wasser und Lebensmittel fehlen. Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende der Diakonie Württemberg, bittet um Hilfe.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Perspektiven für christlich-islamischen Dialog

    Dr. Friedmann Eißler, Islambeauftragter der Landeskirche, erklärt in einer aktuellen Stellungnahme, was den interreligiösen Dialog gegenwärtig so komplex macht.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.03.2024

    ACK-Broschüre über Nachhaltigkeit

    Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Baden-Württemberg fordert in den „Schöpfungs-Leitlinien“ nachhaltige Lebensbedingungen für die ganze Welt. Die erstmals 2002 herausgegebene Broschüre ist nun in einer überarbeiteten Neuauflage erhältlich.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    beraten & beschlossen Frühjahrssynode 2024

    Videos, Bilder, Berichte - unser digitales Synoden-Magazin gibt multimedial Einblick in die Frühjahrstagung der Landessynode am 15. und 16. März. Und um keine Ausgabe zu verpassen, können Sie sich hier für unseren „beraten & beschlossen“ Newsletter registrieren.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    Prälatur-Gottesdienste in der Karwoche und zu Ostern

    Die Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe der Landeskirche feiern an Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag Gottesdienste in ihrer Prälatur. Hier finden Sie die Terminübersicht.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    FAQ zu Ostern: Auferstehung für Zweifelnde

    Ohne Auferstehung gäbe es kein Ostern. Doch woran glauben Christinnen und Christen da eigentlich, und was ist, wenn einem dieser Glaube schwerfällt? Was sagt die Bibel dazu? Pfarrer Dan Peter, Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, gibt Antworten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.03.2024

    Dr. Fabian Peters wird Dezernent für Finanzmanagement & Informationstechnologie

    Dr. Fabian Peters leitet künftig das Dezernat für Finanzmanagement und Informationstechnologie im Stuttgarter Oberkirchenrat. Der Landeskirchenausschuss hat ihn am Donnerstag, 21. März, in dieses Amt gewählt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.03.2024

    Der Passion und Auferstehung Jesu nachgehen

    Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern sind Höhepunkte im Kirchenjahr. Evangelische Kirchengemeinden und Einrichtungen erinnern mit Ostergärten und -wegen an Jesu Leiden, Tod und Auferstehung.

    Mehr erfahren
Mehr laden