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Sommersynode mit Debatte über Flüchtlingshilfe gestartet

Württembergische Evangelische Landessynode tagt bis Samstag in Stuttgart

Stuttgart. Mit einer Debatte über Flüchtlingshilfe hat am Donnerstag, 2. Juli, die Sommertagung der Württembergischen Evangelischen Landessynode begonnen. Außerdem beschäftigten sich die Landessynodalen mit der Zukunft des Pfarrdiensts und beschlossen die Einrichtung einer Religionspädagogenstelle für Friedensbildung. Die 98 Synodalen tagen noch bis zum Samstag, 4. Juli, im Stuttgarter Hospitalhof.

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen erklärte Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel: „Es ist beides dringend notwendig: die rasche Nothilfe, um Leben zu retten, und die nachhaltige Aufbauhilfe, um Leben zu ermöglichen.“ Derzeit seien weltweit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht – die höchste Zahl, die das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) je verzeichnet hat. Fast zwei Drittel der Flüchtenden blieben innerhalb ihres Landes und seien somit Binnenvertriebene. Das Land mit den meisten Flüchtlingen sei Syrien mit 3,9 Millionen. Die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat Heckel zufolge die Türkei mit 1,6 Millionen Menschen.

Insgesamt hat die Württembergische Landessynode speziell für die Hilfe in den Herkunftsländern 1,53 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Viele der Projekte werden durch lokale Partner durchgeführt. „So erreichen wir oft auch solche Menschen, die von den großen Organisationen nicht erreicht werden“, betonte Heckel. „Wir brauchen beides: die Professionalität der großen Akteure und die Vor-Ort-Aktivitäten der einzelnen Kirchen. Beides ergänzt sich.“ Neben der Not- und Flüchtlingshilfe setze die Landeskirche zudem auf langfristige, nachhaltige Projekte zum Wiederaufbau vor Ort.

Der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, wies darauf hin, dass jeder vierte Asylbewerber Christ sei. Er bedauerte, dass der Anspruch auf Familienzusammenführung selbst bei Vorliegen einer Flüchtlingsanerkennung oft kaum umsetzbar sei, da die diplomatischen Vertretungen hoffnungslos überlastet seien.

Landesbischof  Dr. h. c. Frank Otfried July warnte vor einer Ideologisierung der Flüchtlingsfrage: „Es macht mir große Sorgen, dass rechtsradikale Stimmen und Aktionen mehr werden. Rechtsradikale Stimmen und Aktionen haben mit dem erbitterten Widerstand der Württembergischen Landeskirche zu rechnen!“ July rechnet damit, dass die Flüchtlingsfrage noch viel schwieriger und längerfristiger als jetzt vorstellbar sei. „Für den anstehenden Flüchtlingsgipfel werbe ich dafür, dass die verschiedenen Kräfte im Land ihre Aktivitäten wirklich bündeln, koordinieren und sich zu einem Bündnis für Flüchtlinge zusammentun. Wir als Landeskirche sind weiter auf dem Weg, eine Flüchtlingsbereite, eine Flüchtlingsbegleitende Kirche zu werden.“
Zur Pfarrerversorgung in der Landeskirche stellte Oberkirchenrat Wolfgang Traub die aktuelle Personalstrukturplanung vor, ein Instrument zur Planung über drei Jahrzehnte.  Demnach hatte die Landeskirche 2014 2.067 Personen im Dienst. Da die Zahl der Theologiestudierenden sich seit 2005 verdoppelt hat, ist die erforderliche Zahl von jährlich 46 Neuaufnahmen in den Pfarrdienst nicht gefährdet. Damit - und bei gleichzeitigem Rückgang der Kirchenmitglieder um jährlich rund ein Prozent - sei nicht nur die Versorgung mit Pfarrerinnen und Pfarrern gesichert, sondern nach gegenwärtigem Stand auch deren Finanzierung. Da die Zahl der Schülerinnen und Schüler weiterhin rückläufig sei, sei es jedoch nötig, weiter für das Theologiestudium zu werben. Der Vorsitzende des theologischen Ausschusses, Dr. Karl Hardecker, wies darauf hin, dass es wichtig sei, auch die Attraktivität des Pfarrdienstes für den Nachwuchs zu steigern, zum Beispiel durch die Entlastung von Verwaltungsaufgaben.

Außerdem beschloss die Synode eine auf fünf Jahre befristete Religionspädagogenstelle ab 2016, um das Thema Friedensbildung an Schulen voranzutreiben. Zu den Aufgaben gehöre die Entwicklung von Unterrichtsmaterial zur Friedensbildung und die Qualifizierung von Religionslehrkräften für und zur Friedenserziehung, so der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Jugend, Robby Höschele.

Die Landessynode hat ein neues Mitglied: Die 1950 geborene Verwaltungsangestellte Hannelore Jessen aus Heilbronn gehört seit Donnerstag der Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg an. Sie rückt für Renate Schimmel nach, die im März überraschend im Alter von 67 Jahren gestorben war. Während Renate Schimmel dem Gesprächskreis "Evangelium und Kirche" angehörte, gehört Hannelore Jessen zur "Offene Kirche“.

Am Freitag beschäftigen sich die Synodalen bei einem Schwerpunkttag unter dem Titel „Kirche – mehr als Gebäude. Verkündigung durch Raum, Bild und Wort.“ mit unterschiedlichen Weisen, christliche Inhalte zu transportieren. Prof. Dr. Thomas Erne, Direktor des Marburger Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart, fragt, „Warum wir Kirchen brauchen“. Der EKD-Medienbeauftragte Markus Bräuer spricht über Verkündigung der christlichen Themen in der aktuellen Medienlandschaft. Am Nachmittag wird die Synode das Thema mit weiteren Experten in Form einer „mobilen Akademie“ vertiefen.
Am Samstag schließlich geht es u. a. um die Einrichtung einer Projektstelle im Bereich Freizeit/Tourismus, längerfristige Strukturveränderungen sowie einen Rückblick auf den Stuttgarter Kirchentag.

Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche

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02.07.2015

Tagesordnung Sommersynode 2015
Tagesordnung der Sommersynode vom 2. bis 4. Juli 2015 im Hospitalhof in Stuttgart