| Gesellschaft

„Nachts wird gelebt“

Das Erfolgsprojekt ChurchNight ist erwachsen geworden

An eine so rasante Verbreitung glaubte vor elf Jahren vermutlich kaum jemand im Evangelischen Jugendwerk in Württemberg (EJW): Seit ihrem Start 2006 ist die ChurchNight in Deutschland und anderen Ländern zu einem Renner geworden. Bis zu 1.000 Veranstaltungen pro Jahr mit insgesamt 100.000 Teilnehmern registrierte das EJW in Stuttgart. Das Jugendwerk gibt im kommenden Jahr die Koordination auf, nachdem die Projektphase abgeschlossen ist.  

Friederike Auracher/EJW

Von Anfang an wurde die ChurchNight in der Öffentlichkeit als Gegenbewegung zum immer populäreren Halloween gesehen. Dieses Verständnis ist nicht totzukriegen, obwohl schon in einem Konzeptpapier 2005 festgelegt worden war, dass man "keine Kampf- und Kriegsstrategie" gegen die Gruselpartys verfolge, erläutert Eberhard Fuhr, Pressesprecher des EJW. Die Ursprünge liegen seiner Auskunft nach im Begehren junger Leute, eigene Gottesdienstformen auszuprobieren. Das hatten sie schon 1999 in dem Thesenpapier "Zehn Zumutungen" formuliert.

EJW-Referent Dieter Braun ergänzt, dass man bei der Suche nach einem geeigneten Termin für neue Jugendgottesdienste schnell auf den 31. Oktober, den Reformationstag, gekommen sei. Als kirchlicher Feiertag habe er in jener Zeit "nur noch wenig Ausstrahlung" besessen, dabei transportiere die Erinnerung an Martin Luther und seine 1517 verfassten 95 Thesen wesentliche Inhalte des christlichen Glaubens. "Wir haben in Deutschland die älteren Rechte auf diesen Tag", sagt Braun schmunzelnd. 

Merlin Morzek/EJW

Ein weiteres Plus: Der Folgetag Allerheiligen (1. November) ist ein staatlich geschützter Feiertag - die jungen Protestanten können also am Vorabend Party machen, ohne am nächsten Tag früh aufstehen zu müssen. Außerdem biete sich die Dunkelheit für besondere Lichtprojekte in Kirchen und Gemeindehäusern an, sagt Dieter Braun. Eine der Mütter der ChurchNight, die frühere EJW-Referentin Petra Müller, habe die Devise ausgegeben: "Nachts wird gelebt."

Der Grundgedanke war also, dass sich Jugendliche am Reformationstag treffen, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern, Action zu erleben oder Kultur zu genießen, erläutern Fuhr und Braun. Das sollte in der Fläche geschehen und nicht etwa in Zentren wie Stuttgart. "Wir haben bis heute keine zentrale Veranstaltung gemacht, die ChurchNight fand immer in den Gemeinden vor Ort statt", sagt Fuhr.

Insbesondere der Netzwerkarbeit des EJW-Referenten Reinhold Krebs ist es Fuhr zufolge zu verdanken, dass die Idee schon nach kurzer Zeit Unterstützer fand bei der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und in Gemeinden weltweit. Die ChurchNight wird inzwischen auch in Namibia, Argentinien, Brasilien, Slowenien, Sibirien und Österreich begangen. 

Christian Coenen/EJW

Von 2018 an müssen die lokalen ChurchNight-Gruppen ohne die Unterstützung aus Stuttgart auskommen. Das Projekt läuft aus, Finanzen für eine zentrale Anlaufstelle sind auch keine mehr vorhanden. Eberhard Fuhr findet das nicht schlimm: "Wir haben das Ziel erreicht, den Reformationstag neu zu beleben. Wir wollten nie die ChurchNight als Marke etablieren, sondern den Reformationstag und seine Inhalte in den Mittelpunkt stellen". Abzulesen sei das auch am Untertitel der Veranstaltung: "hell.wach.evangelisch."

Allerdings soll laut Dieter Braun die Internetseite weiter betrieben werden. Dort finden sich beispielsweise über 300 Ideen, was Jugendliche am Abend des Reformationstages in ihren Gemeinden alles anstellen können. Ob er glaube, dass es in 20 Jahren noch eine ChurchNight geben wird? Braun zuckt mit den Schultern: "Ich hoffe, dass es dann noch einen Reformationstag geben wird und wir den Blick für die Inhalte unseres Glaubens schärfen. In welchen Formen das geschieht, ist nicht so wichtig."


Mehr News

  • Datum: 27.03.2024

    „Leben ist ein unverfügbares Geschenk“

    In seiner Osterpredigt weist Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl auf die Heiligkeit des menschlichen Lebens hin und warnt vor gesellschaftlichen Risiken: „Eine Gesellschaft, die meint, sich selbst das Leben zu verdanken, verliert am Ende die Ehrfurcht vor dem Leben.“

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Osterbotschaft: „Sieg des Lebens“

    „Ostern ist der Sieg des Lebens über den Tod, der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit“, sagt Landesbischof Gohl in seiner Osterbotschaft. Im Video nimmt er Sie mit auf den Birkenkopf bei Stuttgart, wo nach dem 2. Weltkrieg große Mengen Fassadentrümmer aufgeschüttet wurden.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Mit den Sinnen feiern: Ostern mit den Konfis

    Ostern ist kein einfaches Fest. Wie man dieses zentrale Fest der Christenheit Konfirmanden und Konfirmandinnen nahebringt, davon erzählen Pfarrer Friedemann Bauschert (Stephanuskirche Tübingen) und Pfarrer Martin Trugenberger, Dozent für Konfirmandenarbeit am ptz.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Perspektiven für christlich-islamischen Dialog

    Dr. Friedmann Eißler, Islambeauftragter der Landeskirche, erklärt in einer aktuellen Stellungnahme, was den interreligiösen Dialog gegenwärtig so komplex macht.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Spenden für humanitäre Hilfe im Nahen Osten

    Nach den Angriffen der Hamas auf die israelische Bevölkerung ist die humanitäre Lage der Menschen in den betroffenen Gebieten dramatisch. Medikamente, Wasser und Lebensmittel fehlen. Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende der Diakonie Württemberg, bittet um Hilfe.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.03.2024

    ACK-Broschüre über Nachhaltigkeit

    Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Baden-Württemberg fordert in den „Schöpfungs-Leitlinien“ nachhaltige Lebensbedingungen für die ganze Welt. Die erstmals 2002 herausgegebene Broschüre ist nun in einer überarbeiteten Neuauflage erhältlich.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    beraten & beschlossen Frühjahrssynode 2024

    Videos, Bilder, Berichte - unser digitales Synoden-Magazin gibt multimedial Einblick in die Frühjahrstagung der Landessynode am 15. und 16. März. Und um keine Ausgabe zu verpassen, können Sie sich hier für unseren „beraten & beschlossen“ Newsletter registrieren.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    Prälatur-Gottesdienste in der Karwoche und zu Ostern

    Die Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe der Landeskirche feiern an Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag Gottesdienste in ihrer Prälatur. Hier finden Sie die Terminübersicht.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    FAQ zu Ostern: Auferstehung für Zweifelnde

    Ohne Auferstehung gäbe es kein Ostern. Doch woran glauben Christinnen und Christen da eigentlich, und was ist, wenn einem dieser Glaube schwerfällt? Was sagt die Bibel dazu? Pfarrer Dan Peter, Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, gibt Antworten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.03.2024

    Dr. Fabian Peters wird Dezernent für Finanzmanagement & Informationstechnologie

    Dr. Fabian Peters leitet künftig das Dezernat für Finanzmanagement und Informationstechnologie im Stuttgarter Oberkirchenrat. Der Landeskirchenausschuss hat ihn am Donnerstag, 21. März, in dieses Amt gewählt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.03.2024

    Der Passion und Auferstehung Jesu nachgehen

    Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern sind Höhepunkte im Kirchenjahr. Evangelische Kirchengemeinden und Einrichtungen erinnern mit Ostergärten und -wegen an Jesu Leiden, Tod und Auferstehung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 21.03.2024

    Trauer um Franziska Stocker-Schwarz

    Pfarrerin Franziska Stocker-Schwarz, Leiterin der Württembergischen Bibelgesellschaft, ist am 19. März im Alter von 62 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl sagt über sie: „Ihr Tod ist ein großer Verlust für unsere Kirche.“

    Mehr erfahren
Mehr laden