| Landeskirche

Ein Besuch in der Autobahnkapelle von Leutkirch

SWR1 Begegnungen mit Pfarrerin Barbara Wurz

Georg Zimmer, Vorsitzenden des Fördervereins Gallus-KapelleBild: privat

Der Urlaubsverkehr rollt wieder, auch auf der Bundesautobahn 96. Wer hier – zwischen München und der Bodenseeregion – unterwegs ist, kann die Galluskapelle eigentlich kaum übersehen, denn der weiße Rundbau steht exponiert auf einer Anhöhe in der Nähe von Leutkirch. Gebaut wurde sie vor fast 25 Jahren als Autobahnkapelle. Wie es dazu kam und warum sich eine Fahrtunterbrechung lohnt, darüber spricht  Barbara Wurz, württembergische Rundfunkpfarrerin, mit dem Vorsitzenden des Fördervereins, Georg Zimmer, in ihren „Begegnungen“ auf SWR1. Im Folgenden können Sie den Beitrag anhören:

 

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Das SWR1 Begegnungen – Interview zum Nachlesen:

Barbara Wurz: Ich bin mit dem Auto auf der A96 unterwegs und mache Halt an der Raststätte „Winterberg“, um die Autobahnkapelle zu besuchen. Vom Parkplatz aus muss ich noch ein ziemlich steiles Stück den Berg hinauf. Aber es lohnt sich, denn oben angekommen erwartet mich nicht nur der weiß leuchtende Rundbau der Galluskapelle, sondern auch ein grandioser Ausblick: über Leutkirch und das Schwäbische Allgäu hinüber zu den Schweizer und österreichischen Alpen. Und mich erwartet mein heutiger Gesprächspartner, Georg Zimmer. Der hat vor etwas mehr als 25 Jahren den Bau der Kapelle initiiert. Er erzählt mir, wer die Menschen sind, die zur Galluskapelle kommen: 

Georg Zimmer: Das sind hauptsächlich Durchreisende, die auf dem Weg nach Süden vor allen Dingen hier Halt machen. Auf den Winterberg auf 750 Meter Höhe steigen und hier auch unter anderem die Aussicht auf die Berge genießen. Die andere Gruppe kommt aus der näheren Umgebung. Die Kapelle hat also zwei Funktionen, einmal Autobahnkirche und zum anderen aber auch eine ökumenische Einrichtung in unserer Region.

Das weckt meine Neugier: Die Autobahnkapelle hat ihre Wurzeln also in der christlichen Ökumene. Georg Zimmer erzählt: Ihre Ursprünge reichen zurück[KJ1]  bis in seine Schulzeit, als er nach dem Krieg mit seiner katholischen Familie ins evangelische Leutkirch gezogen ist.

Also 1950, als ich eingeschult wurde, gab es in der Grundschule in Leutkirch noch getrennte Klassen, getrennte Lehrer. Das Gesangbuch hat entschieden, in welche Klasse man kommt. Es gab sogar getrennte Treppenzugänge nach oben.

Und daran hatte sich kaum etwas geändert, als Georg Zimmer Ende der 70er Jahre als Stadtbaumeister nach Leutkirch zurückgekommen ist.

Ich habe dann im katholischen Kirchengemeinderat einen ökumenischen Ausschuss gegründet, weil es mir einfach ein Anliegen war, dass man hier mit dem Gesangbuch, mit dem „Gläuble“, wie wir sagen, einmal Schluss machen muss in Bezug auf die Beziehungen. Aber zum Jahr 2000 hat es sich angeboten, dass wir mal etwas Richtiges miteinander machen, ein Projekt realisieren.

Und für das Projekt „Galluskapelle“ des ökumenischen Arbeitskreises war es ein Segen, dass Georg Zimmer nicht nur Architekt, sondern auch beigeordneter Bürgermeister für den Bereich Bauen und Kultur in Leutkirch gewesen ist. Entstanden ist so ein einladender, heller Rundbau, der bis zu 25 Veranstaltungen jährlich beherbergt: Ausstellungen, Gottesdienste und ganz besonders hervorzuheben: Konzerte und Musik.

Also in der Kapelle kann man wunderschön singen. Wir empfehlen den Leuten immer, sich in der Mitte auf den kreisförmigen Olivenholz-Kreis zu legen und den Himmel anzusingen. Also beispielsweise gibt es einen Ziehharmonikaspieler, der immer wieder kommt und hier oben Musik macht.

Ich unterhalte mich mit Georg Zimmer. Vor gut 25 Jahren hat er, gemeinsam mit dem ökumenischen Arbeitskreis von Leutkirch, den Bau der Galluskapelle initiiert, die auch als Autobahnkapelle an der A 96 bekannt ist. Was sind das für Menschen, die hier Halt machen?

Zum Beispiel hat sich gestern eine Gruppe von Pfadfindern aus Polen angemeldet, die hier auf der Reise morgens eine Messe feiern wollen. Wir haben aber auch Besucher, die beruflich unterwegs sind und die immer wieder die Galluskapelle besuchen, den Berg besteigen und somit ein bisschen sich vom Alltagstrubel ablenken lassen.

Es war wohl immer schon so, meint Georg Zimmer: Wer einen Berg besteigt, der ist etwas befreiter ist von seiner Last. Davon erzählen auch die Einträge der Besucher ins „Anliegenbuch“, das in der Kapelle ausliegt.

Ich habe mal das Anliegenbuch 2022 ausgewertet und das war ganz interessant, dass Menschen hier schreiben: Danke Gott für diesen wunderschönen Ort der Ruhe und Besinnung und all denen, die geholfen haben und jetzt immer noch helfen, dies zu ermöglichen. Wir sind eben hier an einem Punkt, der vielleicht dem Himmel etwas näher ist, könnte man sagen, wenn man auf 750 Meter ist und den Ballast des Alltags unten liegen lassen kann.

Georg Zimmer ist gerade 80 Jahre alt geworden, und er ist bis heute Vorsitzender des Fördervereins Galluskapelle. Ihren Namen hat sie vom Heiligen Gallus, einem der drei Allgäu-Heiligen. Ihre runde Form und ihre schlichte und gleichzeitig einladende Ausstattung verdankt sie nicht zuletzt Georg Zimmer. Er ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass hier ein Ort ist, der den Menschen auf Reisen einfach guttut. Auch solchen, die sonst wenig mit Kirche am Hut haben.

Also man sieht, es sind viele Menschen, die hier hochkommen, die vielleicht nicht unbedingt jeden Sonntag in die Kirche gehen, die aber hier oben offensichtlich ein Bedürfnis haben, an diesem ökumenischen Ort zur Ruhe zu kommen.

Nächstes Jahr feiert die Gallus-Kapelle ihr 25-jähriges Bestehen. 25 Jahre, die zeigen, dass sich das ökumenische Engagement gelohnt hat. Zum Schluss deshalb noch ein Zitat aus dem Anliegenbuch. Denn es bringt auf den Punkt, was diesen Ort so lebendig macht:

Herzensdank an alle Menschen, die ihr diesen Ort geschaffen und gestaltet habt. Der Geist der Verbundenheit ist hier lebendig, jenseits von Nationalität, Gruppenzugehörigkeit, Religion. Uns alle verbindet weit mehr, als uns trennt. 


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