| Geistliches

Beten in Zeiten der Unsicherheit, Not und Hilflosigkeit

Ein geistlicher Impuls von Pfarrerin Barbara Wurz

Angesichts des Krieges in der Ukraine, angesichts von Vertreibung, Kriegsverbrechen, Hunger, Not und Zerstörung fühlen wir uns hilflos und schwach, und viele fragen sich: Wie kann ich da eigentlich noch beten? Es hilft doch sowieso nichts. Oder sie fragen: Wie kann ich beten, wenn ich in meinem Glauben unsicher bin - oder gerade jetzt immer unsicherer werde? Über die Kraft des Gebets gerade in Momenten der Unsicherheit hat Rundfunkpfarrerin Barbara Wurz nachgedacht.

Bild: Pixabay / Pexels

„Ich glaube nicht an Gott - aber heute bete ich für mein Volk.“ Das ist die Aussage einer jungen Frau aus der Ukraine, die ich bei Instagram in den ersten Kriegstagen gelesen habe. Auf einem Bild ist sie zu sehen, und ich spüre den großen Ernst und die Kraft, mit der sie das sagt. Seit Wochen sieht die Welt hilflos zu, wie ein brutaler Krieg mitten in Europa tobt, aber die Frau wirkt nicht hilflos oder panisch, eher ernst und abgeklärt. Sie ist machtlos gegenüber der Gewalt, aber sie flüchtet sich nicht - wie in der Not bekehrt - zu einer höheren Macht, zu Gott. Nein, sie bleibt dabei: „Ich glaube nicht an Gott.“ Und trotzdem betet sie.

Barbara Wurz Landesrundfunkpfarrerin ab Mai 2021
Landesrundfunkpfarrerin Barbara Wurz ist regelmäßig im SWR Radio zu hören.privat

Ist das überhaupt ein Gebet, habe ich mich unwillkürlich gefragt. An wen wendet sich die junge Frau? Wozu beten, wenn doch niemand da ist, der helfen könnte?

Niemand ist da - diese ungeheure Not spüre ich auch in den Worten, mit denen Jesus selbst gebetet hat in seiner größten Verzweiflung: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Matthäus 27, 46) Am Kreuz hat er den Tod vor Augen. Seine Gegner rauben ihm sein Leben. Aber am schlimmsten ist wohl das Gefühl, von Gott verlassen zu sein. Und trotzdem betet er zu seinem Gott, der scheinbar nicht da ist. Ganz ähnlich wie die junge Frau: Beide lassen sie nicht los. Sie akzeptieren die Sinnlosigkeit nicht. Akzeptieren nicht, dass nichts und niemand das Unrecht wahrnimmt, das gerade geschieht.

Ist das überhaupt ein Gebet, habe ich mich gefragt. Und ich meine: Ja. Womöglich liegt hier seine tiefste Bedeutung offen zutage: Wer betet, der lässt sich von der Sinnlosigkeit nicht fortreißen, jedenfalls nicht, ohne das Unrecht anzuklagen. Nicht, ohne sich Gehör zu verschaffen. Wer betet, hält fest daran, dass die Welt für Gerechtigkeit, Respekt und Liebe bestimmt ist. Als ihr Land im Chaos versinkt, fordert die junge Frau genau das ein. Und ich hoffe, dass sie niemals aufhören wird, sich Gehör zu verschaffen und zu beten.

Rundfunkpfarrerin Barbara Wurz

„Beten bedeutet: Dranbleiben und Durchhalten“ - Rundfunk-Gottesdienst am 22. Mai um 10:05 Uhr

Das Leben vieler Menschen steht unter dem Eindruck der schweren Krisen unserer Tage. Besonders belastend ist das Gefühl, hilflos dazustehen. Was kann der einzelne Mensch ausrichten gegen die Gewalt eines Krieges oder die Zerstörung der Natur. Kann es helfen, zu beten? Die biblische Botschaft macht Mut, dran zu bleiben und beharrlich zu sein im Gebet. Der Gottesdienst erzählt von Erfahrungen mit Gebet: Von dem Gefühl, verlassen zu sein bis hin zu den Erfahrungen, reich beschenkt zu werden im Gespräch mit Gott. Die Predigt hält Dekan Michael Karwounopoulos, die musikalische Leitung hat Kantor Armin Schidel.

  • Der Evangelische Rundfunkgottesdienst - Live-Übertragung aus der Amandus-Kirche in Bad Urach im Deutschlandfunk am 22. Mai um 10:05 Uhr.

Mehr News

  • Datum: 22.04.2024

    Innovationstag: Jetzt anmelden!

    Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.04.2024

    KI in der Gemeindearbeit einsetzen

    Was ist Künstliche Intelligenz und was ist damit anzufangen? Eignet sich KI auch für die Gemeindearbeit und wo konkret kann sie dort zielgerichtet angewendet werden? Mit diesen Fragen befasst sich am 16. Mai ein Online-Seminar des Evangelischen Medienhauses.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.04.2024

    „Konfirmanden ist Glaube wichtiger als Geschenke“

    Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    „Kirche mit Kindern“ ist einfach lebendig

    Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    Video: Multitalent mit Down-Syndrom

    Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 17.04.2024

    „Der Segen Gottes gilt uns allen“

    Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Segen, Mut & Traubenzucker

    In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Digitaler Notfallkoffer für die Seele

    Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Zum 200. Todestag von Beata Regina Hahn

    Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    „Wir beten, dass die zerstörende Gewalt ein Ende nimmt“

    Die Landeskirchen in Württemberg und Baden haben den Jüdinnen und Juden im Land Grüße zum Pessach-Fest übersandt. Darin nehmen Landesbischof Gohl und Landesbischöfin Springhart Bezug auf den Angriff der Hamas wie auch auf den Raketenangriff des Iran auf Israel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    Hoffnung wird durch Menschen vermittelt

    Bei einer religionspolitischen Tagung der SPD-Bundestagsfraktion am 12. April in Berlin unter dem Titel „Mehr Zuversicht! Mit Hoffnung die Zeiten wenden“ betonte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, wer die Verwurzelung in Jesus Christus spüre, werde für andere zur Hoffnung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.04.2024

    Landesbischof Gohl: "Wir stehen an der Seite Israels"

    "Der Angriff des Iran bedroht die Existenz Israels. Wir müssen daran erinnern, dass alles mit dem Pogrom der Hamas an Israel begann." Gohl weist weiterhin auf die israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas hin.

    Mehr erfahren
Mehr laden