2016 aus Syrien geflüchtet, 2022 Einser-Abitur in Michelbach: Eine Erfolgsgeschichte
Deeb Alassaf kam vor fünf Jahren ohne Deutschkenntnisse als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland – im Mai 2022 machte er das beste Abitur der Schule am Ev. Schulzentrum Michelbach. Motiviert hat ihn immer sein Ziel, Medizin zu studieren. Die Landeskirche unterstützt gezielt geflüchtete Menschen; seit 2013 wurden insgesamt 33,74 Millionen Euro bereitgestellt.
Deeb Alassaf kam erst vor gut fünf Jahren mit seiner Familie von Syrien nach Deutschland – im Mai 2022 machte er ein Einser-Abitur am Ev. Schulzentrum Michelbach. Bild: privat
Überrascht habe ihn sein Erfolg nicht, erklärt der 20-jährige Deeb Alassaf. „Dieser Notenschnitt war genau mein Ziel, dafür bin ich immer ‚am Ball‘ geblieben, habe gefragt, wenn ich etwas nicht verstanden habe, nachrecherchiert und nachübersetzt.“ Für sein Ziel, ein Studium der Human- oder Zahnmedizin, wollte er einen Abschluss mit 1,0 machen. Er habe sich auch selbst beweisen wollen, dass er seine Ziele erreiche, auch wenn der Weg dorthin nicht leicht ist.
Unterstützung bekam er von Lehrerinnen und Lehrern, die immer bereit gewesen seien, ihm einen Begriff ins Englische oder in einfacheres Deutsch zu übersetzen, berichtet er rückblickend; seine Familie habe ihn mental unterstützt. „Aber das Lernen nimmt einem niemand ab. Und mich hat mein Ziel als solches sehr motiviert – auch das hat sehr geholfen“, erzählt er.
Das Evangelische Schulzentrum Michelbach. Bild: Reiner Pfisterer
„Challenge“: Deutsch als Leistungsfach
Die Kommunikation in der neuen Sprache sei ihm zu Beginn schwergefallen, nicht nur in der Schule, sondern auch bei privaten Kontakten, sagt Deeb Alassaf heute. Leichter seien für ihn die Fächer gewesen, in denen es nicht so sehr auf die deutsche Sprache ankam. „Dennoch habe ich Deutsch als Leistungsfach gewählt, und es nicht bereut, ich habe es als ‚Challenge‘ angesehen.“ Weitere Herausforderungen waren das andere Schulsystem, in dem das Mündliche im Vergleich zum Schulsystem in Syrien aus seiner Sicht eine größere Rolle spiele und in dem mehr Transferleistung gefragt sei.
Integration und zusätzliche Angebote
Ein verbindliches, verlässliches und verständnisvolles Umfeld sei für eine Förderung wichtig, erklärt Ralph Gruber, Schulleiter des Gymnasiums und Aufbaugymnasiums am Ev. Schulzentrum Michelbach, dieses entstehe durch Mitschülerinnen und Mitschüler sowie durch Lehrkräfte in gleicher Weise. „Sie nehmen die Kinder mit Migrationshintergrund gut auf, so werden diese gut integriert und können sich auf das schulische Lernen fokussieren.“ In diesem integrationsfreundlichen und kulturtoleranten Umfeld gebe es zusätzlich Angebote wie Deutsch als Fremdsprache und fachliche Förderangebote.
Ein verbindliches und verständnisvolles Umfeld an der Schule – wichtig für die Förderung und Integration. Bild: Reiner Pfisterer
Nächster Schritt: Medizinstudium
Für Deeb Alassaf hat sich seine Zielstrebigkeit ausgezahlt: Er hat inzwischen einen Studienplatz für Zahnmedizin an der Universität Heidelberg, und beginnt im September mit dem Studium. „Eine Zeitlang habe ich zwischen Humanmedizin und Zahnmedizin geschwankt, mich dann aber für die Zahnmedizin entschieden, da man dort auch mit viel Nähe und Kontakt zu den Menschen hat, wenn man mit ihnen die Behandlung bespricht. Auf der anderen Seite interessiert mich das Handwerkliche oder Künstlerische, weil man als Zahnarzt auch ‚basteln‘ muss“, sagt er.
Anderen jungen Menschen, die wie er als Geflüchtete einen Schulbesuch in Deutschland erleben, rät er, unbedingt die Sprachbarriere schnell zu überwinden, und nicht zurückhaltend zu sein, auch wenn man noch nicht perfekt Deutsch spricht. Und er sagte, man solle „Groß träumen, und niemals aufgeben!“
Förderung durch die Landeskirche
Zu Erfolgen wie dem von Deeb Alassaf trägt auch das finanzielle Engagement der Evangelischen Landeskirche bei: Laut Schulleiter Ralph Gruber schließt das Ev. Schulzentrum Michelbach (ESZM) besondere Verträge mit Geflüchteten, in denen die Schule auf das Schulgeld verzichtet. Die Kosten, 200 Euro pro Monat als der Regelsatz, ersetzt die Ev. Schulstiftung in Zusammenarbeit mit dem Ev. Schulwerk. „Das ermöglicht Kindern aus Familien mit Fluchthintergrund den Besuch des ESZM mit seinem besonderen Schulprofil. Dies hat nicht nur Deeb, sondern auch weiteren Kindern aus geflüchteten Familien den Weg zum Abitur bzw. zur Mittleren Reife eröffnet.“ Nach den Kindern aus Syrien lernten jetzt auch Kinder aus der Ukraine in diesem Status an der Schule und würden durch Mittel der Landeskirche für Geflüchtete unterstützt. Die Mittel stammen aus dem sog. III. Flüchtlingspaket, das 2015 aufgelegt wurde.
Kirchenrätin Ursula Kannenberg, Pädagogische Geschäftsführerin der Ev. Schulstiftung, erläutert weitere Hilfen für geflüchtete Familien: Lehrkräfte mit der Zusatzausbildung im Fach Deutsch als Fremdsprache begleiten die Kinder und Jugendlichen intensiv. Die Ev. Schulstiftung ermöglicht dies durch zusätzliche Deputatsstunden. Im Ev. Schulzentrum Michelbach ist dafür eigens eine Lehrkraft angestellt worden, die über eigene Mittel finanziert wird.
„Insgesamt besteht an den Schulen der Schulstiftung ein sehr hohes Engagement für geflüchtete Schülerinnen und Schüler, die besonders in den ersten Monaten viel Unterstützung bekommen“, betont Ursula Kannenberg. Am Ev. Schulzentrum Michelbach beispielsweise haben etwa inzwischen acht unbegleitete minderjährige Geflüchtete, die zunächst im Internat aufgenommen wurden, eine Berufsausbildung abgeschlossen.
Tobias Geiger ist Vorsitzender des Finanzausschusses der Landessynode.elk-wue.de / Gottfried Stoppel
Die Förderung Geflüchteter durch die Evangelische Landeskirche
Seit 2013 hat die Evangelische Landeskirche in Württemberg in den Flüchtlingspaketen I bis V 33,74 Mio. Euro für die Unterstützung geflüchteter Menschen zur Verfügung gestellt. Davon sind 9,92 Mio. Euro für die Fluchtursachenbekämpfung in den Herkunftsländern vorgesehen. Flüchtlingspaket III enthielt einen gesonderten Betrag für die Aufnahme von Flüchtlingen an evangelischen Schulen.
Tobias Geiger, Vorsitzender des Finanzausschusses der Landessynode, erinnert an das Leitwort einer „flüchtlingsbereiten Kirche“, das der frühere Landesbischof Frank Otfried July geprägt hatte. Geiger ist dankbar, dass die Landessynode in den Jahren vor der Corona-Pandemie durch zusätzliche Kirchensteuereinnahmen immer wieder Mittel für die Flüchtlingsarbeit zur Verfügung hatte: „Als Kirche erfüllen wir damit den biblischen Auftrag aus Matthäus 25, 35 („Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen“) und übernehmen gesellschaftspolitische Verantwortung.“
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