| Digitalisierung

Forum Digitalisierung unter dem Titel „Die digitale Gemeinde“

Vorträge, Impulse, Workshops

Wie verändert und bereichert die Digitalisierung die Arbeit und das Leben der Kirchengemeinden? Wie können Gemeinden den Wandel gut und erfolgreich gestalten? Darum ging es am 5. Mai 2022 im Forum Digitalisierung unter dem Titel „Die digitale Gemeinde“ - unter anderem mit Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD-Synode, und Dr. Heinrich Bedford-Strohm, bayrischer Landesbischof und früherer EKD-Ratsvorsitzender. Hier finden Sie die Zusammenfassungen der Hauptvorträge. Das Forum wurde erstmal gemeinsam mit der badischen und der bayrischen Landeskirche veranstaltet. In den kommenden Tagen finden Sie hier zudem Mitschnitte der beiden Hauptvorträge.

Bild: Mario Steinheil

Rund 280 Teilnehmende aus den drei süddeutschen Landeskirchen befassten sich intensiv mit der Digitalisierung im Leben der Kirchengemeinden. Neben Keynotes und Talkrunden im Plenum gab es auch eine Reihe von thematisch spezifischeren Teilforen, die dem direkten Austausch zwischen den Teilnehmenden dienten und eine Vielzahl von Themen behandelten, zum Beispiel „Hybride Eventformate“, „Kirchenmusik und Digitales“, „Social Media in der Kirchengemeinde“, „PC im Pfarramt“, „Microsoft 365 in Kombination mit dem Digitalen Gemeindemanagement“ und „Change Management in Gemeinden“.

Einen besonderen Schwerpunkt bildete die Vorstellung des gemeinsamen Projekts der drei Landeskirchen zur „Digitalen Mustergemeinde“ und des daraus entstandenen Baukastens, mit dessen Hilfe Gemeinden ihren individuellen Weg in der Digitalisierung leichter finden können.

Impuls von Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm

Der bayrische Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm betonte in seinem Impuls zum Auftakt den Wert digitaler Gemeinschaftserfahrungen.Bild: Screenshot

„Und es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.“ Dieses Wort aus Lk 13,29 sei ihm Pandemiejahren ganz neu wichtig geworden, sagte der bayrische Landesbischof und frühere EKD-Ratsvorsitzende Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm in seinem Impuls zum Auftakt der Tagung und erklärte: „Der Tisch ist für mich das Symbol der Gemeinschaft. Das Symbol der Gemeinschaft, die ich in ihrer physischen Form so sehr vermisst habe.“

Bedford-Strohm betonte aber auch, wie wertvoll die digitalen Begegnungsmöglichkeiten gewesen seien: „Wir wären beziehungsmäßig ausgetrocknet, wenn wir die digitalen Kontaktmöglichkeiten nicht gehabt hätten.“ Dies seien nicht nur bloße „Kontakte“ gewesen sondern Gemeinschaft. Und mit Blick auf die Frage nach einem digital vermittelten Abendmahl sagte Bedford-Strohm: „Es ist gut, sich Zeit zu lassen, wenn es um die Neujustierung unseres Abendmahlsverständnisses unter völlig neuen Bedingungen von Gemeinschaftserfahrung geht“.

Weiter führte Bedford-Strohm aus: „ ‚Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.‘ Ob man das, was da beschrieben wird und was am Ende der Zeiten auf uns wartet, als ‚physische Gemeinschaft‘ bezeichnen kann oder ob es vielleicht am Ende der digitalen Gemeinschaft eher ähnelt, das werden wir erst wissen, wenn wir es erleben. Es wird mit Sicherheit anders sein als wir es kennen – ob physisch oder digital. Aber der Vorschein auf diese große Tischgemeinschaft über die Grenzen von Kulturen und Kontinenten hinweg, den können wir heute auch erfahren – und zwar physisch und digital.“

Vorstellung der digitalen Mustergemeinde

Dr. Nico Friederich erklärte die erste Phase des Projekts Digitale Mustergemeinde.Bild: Screenshot

Die württembergische, badische und bayerische Landeskirche setzen gemeinsam das Modellprojekt „Die Digitale Mustergemeinde“ um. Die Verantwortlichen Dr. Nico Friederich (Württemberg), Prof. Dr. Thomas Zeilinger (Bayern) und Dr. Jörg Ohnemus (Baden) stellten das Pionierprojekt im Bereich Digitalisierung der drei Landeskirchen vor. 

Ziel sei eine Digitalisierung der Gemeinden auf Augenhöhe. Kirchengemeinden und Landeskirche sollten dafür ebenso zusammenarbeiten wie auch innerhalb der Gemeinden Pfarramt und Ehrenamtliche, erklärt Dr. Nico Friederich, Verantwortlicher für Digitalen Wandel in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Über das Projekt

Ziel des Projekt sei die Digitalisierung der Gemeindearbeit. Dafür solle in drei Modellgemeinden – je eine pro Landeskirche – ein Vorgehensmodell entwickelt werden, anhand dessen die Schritte der Digitalisierung von Gemeinden gegangen werden können. Das Projekt solle anderen Gemeinden als Leuchtturmprojekt dienen und ein Prototyp sein. Auch die EKD habe großes Interesse an „bedarfsorientierten“ und „praktisch umsetzbaren Verfahren“ und fördere das Projekt mit 59.000 Euro für externe Begleitung und Sachmittel.

Phasen des Projekts

Auf eine Erhebungs- und Konzeptionsphase (Juli bis Herbst 2021) folgte die Umsetzungsphase, die im vergangenen Herbst begonnen hat. Im Rahmen einer Ist-Analyse wurden bestehende Studien und Analysen ausgewertet, Experten-Interviews geführt und Befragungen in Gemeinden und Landeskirchen durchgeführt. Daraufhin wurden für drei Modellgemeinden Handlungsfelder und Entwicklungspfade definiert und Aktionspläne entwickelt.

Die Umsetzungsphase

In der Umsetzungsphase seien die Maßnahmen eingeleitet, die Projektbeteiligten geschult und benötigte Hardware und Tools angeschafft worden. Derzeit werde ein skalierbares Vorgehensmodell abgeleitet.

Schwerpunkte der Digitalisierung in den „digitalen Mustergemeinden“

Dr. Jörg Ohnemus stellt die inhaltlichen Schwerpunkte vor. Ein großer Schwerpunkt liege auf der Digitalisierung des Ankündigens und Berichtens, etwa um Gemeindeglieder mit Angeboten zu erreichen. Ein strategischer Social-Media-Einsatz in Verbindung mit klassischer Kommunikation sei dafür wichtig. Die Digitalisierung sei außerdem im Bereich des Durchführens und Veranstaltens wesentlich. Der Fokus liege auf Ideen für hybride Eventformate auch über Online-Gottesdienste hinaus. Außerdem sei das digitale Verwalten und Organisieren für digitale Gemeinden wichtig. Der Fokus liege hier auf der Zusammenarbeit. Zentral sei es, zu dem Prozess zu motivieren und Veränderungen anzugehen. Auch die technische Ausstattung, um den Prozess umzusetzen, spiele eine wichtige Rolle auf dem Weg zur Digitalisierung in Gemeinden.

Praktische Umsetzung

Prof. Dr. Thomas Zeilinger zeigt die Schritte der Umsetzung des Modellprojekts in die Praxis seit letztem Oktober auf. Als „Digitale Mustergemeinden“ wurden die Evangelische Kirchengemeinde Eningen unter Achalm, die Bonhoeffer-Gemeinde Heidelberg und das Dekanat Markt Einersheim ausgewählt.

Während der praktischen Umsetzung begleitet ein Projektkoordinator die drei Gemeinden. Jede Gemeinde nahm an drei Workshops teil. Dort wurden die vorgeschlagenen Schwerpunkte in den Aktionsplan der Gemeinden aufgenommen und weitere Bedarfe ermittelt. Anschließend ging es um das Hinzuziehen von Dienstleistern, Beratung und Schulungen und das Anschaffen von Tools. Außerdem sollten die Entwicklungen begleitet und Zuständigkeiten in den Gemeinden festgelegt werden.

In der Umsetzungsphase wurden die geplanten Schritte nach und nach umgesetzt. Erfahrungen wurden festgehalten und Vorlagen erstellt, wie das Vorgehen vervielfältigt werden konnte.

Gemeinden sollen sich nun über das Modellprojekt informieren können, um von den Ergebnissen zu profitieren. Dafür ist ein sogenannter Baukasten entstanden, der Gemeinden mit detaillierten Informationen auf dem Weg der Digitalisierung hilft.

Mehr Informationen zum Baukasten der Digitalen Mustergemeinde

 

Prof. Dr. Holger Sievert: „Wir können mehr, als wir denken“

Prof. Dr. Holger Sievert machte in seinem Vortrag Gemeinden Mut, auf den guten Erfahrungen mit Online-Gottesdiensten aufzubauen.Bild: Screenshot

Prof. Dr. Holger Sievert lehrt Kommunikationsmanagement an der Hochschule Macromedia in Köln und leitet dort die Fakultät „Kultur - Medien – Psychologie“. Er begleitet das gemeinsame Projekt zur Digitalen Mustergemeinde der drei süddeutschen Landeskirchen wissenschaftlich und beratend. In seiner Keynote unter dem Motto „Wir können mehr, als wir denken“ erklärte Sievert seine Sicht auf die Digitalisierung in den Kirchengemeinden und erklärte, worauf es dabei ankommt.

Die Bedeutung der sozialen Medien

Sievert ging von der Erfahrung aus, dass bis 2019 Online-Gottesdienste etwas sehr Seltenes gewesen seien, ein gelegentliches Sonderformat, unter hohem Aufwand produziert. Das habe die Corona-Pandemie schlagartig geändert. Während der Pandemie hätten rund 80 Prozent aller evangelischen Gemeinden in Deutschland digitale Gottesdienste verschiedenster Spielart angeboten. Damit seien digitale Gottesdienste keine Notlösung mehr, und der Wunsch nach der Fortführung dieser Angebote auch über die Pandemie hinaus sei sehr weit verbreitet. Dabei müssten Online-Gottesdienste keineswegs TV-Niveau haben. Eine Umfrage habe ergeben, dass für die Zuschauer viel wichtiger sei, dass der Gottesdienst aus der eigenen Gemeinde komme und von vertrauten Akteuren gestaltet werde.

Diese Erfahrung der Online-Gottesdienste habe gezeigt, wie viel in Sachen Digitalisierung möglich sei. Sievert betonte beispielhaft die Bedeutung der sozialen Medien für die Kommunikation der Gemeinden und die Verkündigung – diese würden fundamental wichtig, da sich der Bedeutungsrückgang der gedruckten Medien fortsetze.

Sieben Grundregeln für gelingende Digitalisierung

Als weiteres Beispiel nannte Sievert Organisation und Verwaltung, deren Aufwand sich durch die Digitalisierung deutlich reduzieren lasse. Wie in allen Bereichen der Digitalisierung könne das aber nur unter bestimmten Voraussetzungen gelingen, die Sievert in sieben Grundregeln zusammenfasste. 1. Digitalisierung sei kein Selbstzweck sondern solle Gemeinden helfen, ihre Kernaufgaben in Verkündigung, Seelsorge und Diakonie besser zu erledigen. Ziel sei die Unterstützung der Gemeinden. 2. Digitalisierung brauche ein klares Zielbild, basierend auf der Gemeindekonzeption, die sich die Gemeinden geben. Ohne ein solches Zielbild verrenne man sich leicht. 3. Digitalisierung in Gemeinden gelinge nur im Team und in Netzwerken. 4. Vor allem zu Beginn sei es besser, mit guter Planung und einer klaren Struktur zu starten als mit vielen verschiedenen Tools. 5. Für die Digitalisierung brauche es in der Gemeinde einen klaren Verantwortlichen, wenn möglich solle dies kein Hauptamtlicher sein. 6. seien bei den ersten Schritten einfache Tools, die sich leicht bedienen lassen, besser als komplexe Softwarelösungen. 7. Erst mittel- und langfristig seien vollintegrierte umfassende Software-Lösungen sinnvoll.

Die Arbeitsbereiche, mit denen sich das Projekt der Digitalen Mustergemeinde befasse, bilden aber aus Sieverts Sicht nur einen Ausschnitt der digitalen religiösen Praxis. Sie konzentrieren sich auf die institutionelle Praxis. Es gebe aber intensive digitale, religiöse Praxis, die weit darüber hinaus gehe und von kirchlichen und nichtkirchlichen Protagonisten gestaltet werde oder auch ganz individuell oder diskursorientiert sei. Wenn sich Gemeinden diesem Themenfeld öffneten, hätten sie Zukunft, so Sievert.

Fünf Thesen zur Digitalisierung in den Kirchengemeinden

Sievert schloss seinen Vortrag mit fünf Thesen:

1. „Konsequente digitale Erweiterung (nicht Reduktion!) von Präsenzgemeinden hin in Richtung auch einer liquiden Praxis bietet gute Chance für Kirchenentwicklung.“

2. „Schwierig ist allerdings die Erwartung, dass diese Entwicklung die generellen Austritts- und Strukturentwicklungen aufhalten oder fundamental verändern kann.“

3. „Sehr realistisch ist hingegen die Erwartung, dass diese digitale Erweiterung Gemeinden helfen kann, sich stärker auf ihre gemeindekonzeptionellen Kernaufgaben zu konzentrieren.“

4. „Denn durch digitale Erweiterung können z. B. Verwaltung vereinfacht, auch jüngere Personen dialogisch eingebunden und zusätzliche Kommunikationswege angeboten werden.“

5. „All dies wird nicht einfach – bietet aber die Chance, als Gemeinde lebendig zu bleiben. Dass Gemeinden das können, haben z. B. die Online-Gottesdienste zu Corona-Beginn gezeigt.“

Talkrunde mit Vertretern der gastgebenden Kirchen

Stefan Werner stellte fest, es brauche eine Kultur des digitalen Arbeitens.Bild: Mario Steinheil

Bei einer Talkrunde kamen drei Vertreter der gastgebenden Kirchen zu Wort: Dr. Nikolaus Blum, Leiter des Landeskirchenamts der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, und Martin Wollinsky, Oberkirchenrat für Finanzen, Bau und Umwelt in der Evangelischen Landeskirche in Baden.

Von der Moderatorin der Runde, Pfarrerin Miriam Hechler, nach dem Stand der Digitalisierung gefragt, sagte Martin Wollinsky: „Wir sind unterwegs, aber wir haben auch noch gutes Stück vor uns“. Ähnlich formulierte es Stefan Werner für Württemberg: „Wir haben das Thema seit Jahren intensiv aufgegriffen und konnten schon einiges bewegen, sind aber sicher noch nicht da, wo wir hinwollen“. Und Dr. Nikolaus Blum sagte, die Gemeinden der bayrischen Landeskirche hätten noch mehr Luft nach oben.

Wie hängen digitale Strukturen und Fusionen zusammen – auch diese Frage wurde diskutiert. Es gebe Gründe, dass die Kirche auf Gemeindeebene auf Fusionen zugehen müsse, sagt Stefan Werner, und die Digitalisierung ermögliche es, Fragen zu lösen, die dadurch aufgeworfen würden.

„Die Digitalisierung betrifft alle Fragen des kirchlichen Lebens, etwa Verkündigung, aber auch Kommunikation“, so Nikolaus Blum. Sie könne dabei helfen, zu vernetzen und näher an den Menschen zu sein. Der Verwaltungsbereich sei nur ein Teil des kirchlichen Lebens, das von der Digitalisierung verändert würde.

Über die Zusammenarbeit der Landeskirchen wie beim Modellprojekt Digitale Mustergemeinde sagte Blum, man könne viel voneinander lernen und sich austauschen. Bei der Kommunikation sei es wichtig, das Potenzial der dialogischen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation zu nutzen. Die verwaltende Kommunikation etwa zwischen Gemeinden, Dekanaten und Landeskirchenamt oder anderen zentralen Stellen könne digital geschehen.

Es sei wichtig, voneinander zu lernen, sagte auch Martin Wollinsky. „Es gibt einen Hang, Dinge neu erfinden zu wollen, auch wenn es schon Erfahrungen gibt.“ Nützlich sei es zum Beispiel, über Landeskirchen hinaus auf gleiche technische Lösungen zu setzen.

Im Bereich Verkündigung gebe es digital viel weniger Grenzen als physisch. Man könne im Netz eine andere Gemeinde als die Ortsgemeinde wählen. Man müsse voneinander lernen, im Digitalen wirklich gut zu sein, gerade im Bereich der Kommunikation, denn „das ist eine Voraussetzung dafür, dass wir dort auch Profil gewinnen“. Das gehe miteinander besser als alleine.

„Wir stellen immer wieder fest, dass eine Landeskirche an einem Punkt weiter ist als eine andere“, so Stefan Werner. Es sei deshalb sehr wichtig, fertige Dinge zu kopieren und nicht selbst erfinden zu wollen. Für wesentlich hält er zudem, eine Kultur digitalen Arbeitens zu entwickeln. „Technische Ausstattung und Software sind notwendig, aber oft nehmen wir die Menschen kulturell nicht mit, die damit arbeiten“, sagte er. Eine landeskirchenübergreifende Zusammenarbeit und das Finden digitaler Lösungen seien Schwerpunkte in den nächsten Monaten und Jahren.

Anna-Nicole Heinrich: „In der Kirche prallen Welten aufeinander“

Anna-Nicole Heinrich warb für eine veränderte Haltung gegenüber der digitalen Welt.Bild: Screenshot

Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der EKD, hielt eine Keynote zum Thema „Was ist unsere Message im Digitalen? Zwischen Werbung, Information und froher Botschaft“.

Sie berichtete, dass sie die Hälfte des Tages im Internet verbringe, das mache einen großen Teil ihrer Lebenswirklichkeit aus. Kirche wirke bisher noch zu wenig im Netz, auch wenn sie Fortschritte mache. „In der Kirche prallen Welten aufeinander“, so die Präses der EKD-Synode. „An vielen Stellen laufen wir zu langsam mit.“ Kirche sei zu sehr eine physische Organisation, die einzelne Impulse ins Digitale gebe. Man müsse die Realitäten aneinander angleichen. Sie appellierte, Social Media zu nutzen, weil damit sehr viele Menschen erreicht würden.

Heute sei Kirche über Landeskirchen, Institutionen, Kirchengemeinden und Einzelpersonen, wie Pfarrerinnen und Pfarrer, aber auch Ehrenamtliche in den Social Media aktiv. Erreicht werde vor allem die „christliche Online-Bubble“, Gemeindeglieder oder schwach Verbundene, Interessierte oder Menschen, die zum Beispiel aufgrund eines bestimmten Themas angesprochen würden. Gepostet würden Basisinformation über Christentum und Gemeinde, Werbung für Veranstaltungen einer Kirche vor Ort und die frohe Botschaft in Form von Gedanken, die inspirieren würden, häufig von Einzelpersonen.

„Woher kommt es, dass wir so viel machen und trotzdem das Gefühl haben, noch nicht in dem Raum angekommen zu sein?“, fragt Anna-Nicole Heinrich. Internet bedeute heute nicht mehr nur, Informationen zu senden sowie darüber hinaus Werbung, sondern ständige Kommunikation in der Öffentlichkeit. Das sei eine automatische Weiterentwicklung gewesen, sie entspräche der Entwicklung des Internets.

Kirche sei „kein Selbstzweck“ sondern habe eine Funktion. Es gehe darum, die Einzelnen in ihrem Glauben und Christsein zu stärken, Kirche müsse Leben anregen und unterstützen. Kirche habe sich daran zu messen, ob sie dem gerecht werde. Es müsse wahrgenommen werden, dass Social Media christliches Leben anrege und unterstütze, Social Media müsse genutzt werden, um Kirche und Gemeinde sichtbar zu machen. „Wir müssen annehmen, dass das heute über Personen und Formate funktioniert, nicht nur über sachliche Informationen.“

In den Social Media sollten Gemeinden nicht nur „senden“, sondern eine persönliche Beziehung aufbauen. Durch eine „authentische Kommunikation“, die „nicht beschönigend“ sei, die zum Beispiel zeige, an welchen Projekten die Menschen dran seien, was sie zweifeln lasse. Gemeinden als Anlaufpunkt würden gestärkt, weil christliche Inhalte die Menschen erreichen würden.

Wichtig sei die Aus-, Fort- und Weiterbildung und das Erlernen einer Sprachfähigkeit über den Glauben. Der Zusammenhang von Amt und eigener Gläubigkeit lasse sich in dem Raum der Social Media, der so sehr personenzentriert sei, kaum trennen.

„Der digitale Raum hat keine landeskirchlichen Grenzen“, die Kirche müsse einheitlicher und erkennbarer auftreten, weil viele Menschen Strukturen wie die Aufteilung in Landeskirchen nicht kennen würden, sagte Heinrich.

Um die Transformation von einer analogen zu einer digitalen Gemeinde zu schaffen, brauche es eine Strukturänderung, bei der Gemeinde vor Ort neu verstanden werden müsse. Außerdem brauche es eine Haltungsänderung. „Brückenbauerinnen“ und „Brückenbauer“ zwischen beiden Welten müssten Menschen mitnehmen und ihnen erklären, wie Social Media funktioniere. Für eine echte Transformation brauche es eine „unverzagte Haltung der Offenheit, die bereit ist, auch Unsicherheit auszuhalten“ und „die auch bereit ist auszuhalten, dass Sachen kaputt gehen, die wir vielleicht doch lieber erhalten hätten“ sowie eine hohe Frusttoleranz – und dass keine oder keiner den Spaß verliere.

Schlussrunde mit Prälat Ralf Albrecht, Pfarrerin Anna Paola Bier und Marlies Barkowski

Der Heilbronner Prälat Ralf Albrecht betonte in seinem Resümee die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Landeskirchen.Bild: Screenshot

In der Schlussrunde hob Ralf Albrecht, Prälat in Heilbronn und Mitglied im DigiRat der württembergischen Landeskirche, die Qualität der Zusammenarbeit der drei Landeskirchen bei der Gestaltung dieses Forums hervor. Die Vernetzung im Projekt der digitalen Mustergemeinden sowie die Forumsveranstaltung seien ein großes Geschenk. Albrecht rief dazu auf, nicht mehr in Alternativen zu denken wie „digital oder analog. Wir sind auf dem Weg zur digitalen Gemeinde immer beides ganz und bleiben es auch ganz. Wer versucht, das eine gegen das andere auszuspielen, springt zu kurz.“ Er ermutigte die Gemeinden, „dahin zu gehen, wo die Menschen sind, sie sind im digitalen Raum, und mit dem besten, was wir haben, dem Evangelium, genau dort unsere Plätze zu suchen.“ Albrecht erinnert auch an die Prozesshaftigkeit der Digitalisierung: „Es ist immer ein Weg, es ist immer ein Prozess“. Und die Löcher in diesen Prozessen gehörten nun mal dazu.

Pfarrerin Anna Paola Bier aus dem badischen Ilvesheim, legte in ihrem Resümee besonderen Wert auf den Aspekt der notwendigen Vernetzung und der Erfahrung der Gemeinschaft der an Digitalisierung Interessierten. Man sei damit nicht alleine, und es sei wichtig, gemeinsam Projekte anzugehen und „gemeinsam den Weg zu gehen“. Die Keynote von Anna-Nicole Heinrich habe ihr Mut gemacht.

Marlies Barkowski, Projektleiterin Evaluation Digitalstrategie in der bayrischen Landeskirche, betonte, Vernetzung sei enorm wichtig, aber auch schwer schon innerhalb einer Landeskirche. Da müsse viel passieren. Und über die eigene Landeskirche hinaus gebe es noch viel mehr Kompetenzen und Potenziale. Das Forum sei schon ein Ansatz in dieser Richtung gewesen. Wichtig sei es, die digitale Kompetenz in den Gemeinden vor Ort weiter auszubilden, denn mit ihr stehe und falle alles.


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