| Geistliches

Vom Suchen und Finden der Freiheit

Ein geistlicher Impuls zum Reformationsfest

Fotolia

„Die Grundrechte werden angegriffen!“ „Freiheitsberaubung!“ Die Coronakrise und die mit ihr verbundenen Einschränkungen bewirken, dass nach langer Zeit im politischen Deutschland das Wort Freiheit wieder auf vielen Demonstrationsplakaten steht. Und dass in Social-Media-Einträgen nicht selten die Freiheit im Mittelpunkt emotionalisierter Auseinandersetzungen steht. Freiheit, dieses große, dynamische, verheißungsvolle Wort.

Für andere Menschen bräuchte es in der Coronakrise vielleicht andere Leitbegriffe, und Antworten, die zum Leben helfen. Zum Beispiel Sorge – dass der Staat langfristig beinträchtigt ist. Verzweiflung – wenn die Existenzsorgen ins Unermessliche wachsen. Sehnsucht – auf der Suche nach der Möglichkeit, Begegnung und Fürsorge zu leben.

Doch das Wort „Freiheit“ ist dasjenige, das mit am lautesten skandiert wird. Die große Schwester von „Brüderlichkeit“ und „Gleichheit“ ist nicht mehr nur der in harter Arbeit wohlgeformte und doch oft übersehene Eckstein des aufgeklärten europäischen Hauses. Sie ist ein Rettungsanker in einer Krise, die nicht nur naheliegende, sondern auch tiefe und widersprüchliche Enttäuschungen, Ängste und Verärgerungen aufweckt.

Ja, es lohnt sich, den Traum von der Freiheit in den Blick zu nehmen. Vielleicht kann der Reformationstag am 31. Oktober 2020 in diesem Sinne ein „Traumtag“ sein. Und dabei kann ein Text eine Sehhilfe sein, den genau vor 500 Jahren Martin Luther verfasst hat: „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Es ist die dritte seiner reformatorischen Hauptschriften. Luther beschrieb darin die „evangelische Freiheit“ – also eine Freiheit, die der „guten Botschaft“ (eu-anggelion) von Jesu Christi entwächst:

„Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Und: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan.“

Hier bekommt – noch in der spätmittelalterlichen Manier des Ständedenkens von „Herren“ und „Knechten“ – das Wort Freiheit Tiefenschärfe. Aktuell gesprochen: Einerseits sind wir ständig im Dienst Gottes, unser ganzes Leben lang. „Alles, was ihr tut, das tut alles im Namen Jesu“ (Kolosser 3,17). Wir tragen Gottes Liebe weiter. Auf der anderen Seite und zugleich sind wir frei und unabhängig. Denn wir sind von Gott geliebt, in unseren Ängsten und Grenzen getragen. „Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?“ (Römer 8,31)

Beides gehört zutiefst zusammen: Wir sehen nicht nur uns und unsere eigene Freiheit, sondern wir haben genauso die anderen im Blick, die unsere Liebe brauchen.

Freiheitsfragen im Jahr 2020 könnten sein: Wie schaffe ich es, in der Covid-19-Krise nicht selbstsüchtig zu sein? Wie kann ich Helfer unterstützen? Wie kann ich Zorn lindern, Sehnsüchte unterstützen? Wo brauche ich selbst Hilfe? Sehe ich alles, was ich habe und bin, oder kann ich nur die Beschränkungen sehen? Wo kann ich verzichten? Wo und wie kann ich helfen? Wie gehe ich mit Zweifeln und Angst um?

Als geliebte Kinder Gottes finden wir darauf Antworten, ganz gewiss.

Von Pfarrerin Pamela Barke

Mehr News

  • Datum: 19.04.2024

    „Konfirmanden ist Glaube wichtiger als Geschenke“

    Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    „Kirche mit Kindern“ ist einfach lebendig

    Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    Video: Multitalent mit Down-Syndrom

    Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 17.04.2024

    „Der Segen Gottes gilt uns allen“

    Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Innovationstag: Jetzt anmelden!

    Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Segen, Mut & Traubenzucker

    In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Digitaler Notfallkoffer für die Seele

    Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Zum 200. Todestag von Beata Regina Hahn

    Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    „Wir beten, dass die zerstörende Gewalt ein Ende nimmt“

    Die Landeskirchen in Württemberg und Baden haben den Jüdinnen und Juden im Land Grüße zum Pessach-Fest übersandt. Darin nehmen Landesbischof Gohl und Landesbischöfin Springhart Bezug auf den Angriff der Hamas wie auch auf den Raketenangriff des Iran auf Israel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    Hoffnung wird durch Menschen vermittelt

    Bei einer religionspolitischen Tagung der SPD-Bundestagsfraktion am 12. April in Berlin unter dem Titel „Mehr Zuversicht! Mit Hoffnung die Zeiten wenden“ betonte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, wer die Verwurzelung in Jesus Christus spüre, werde für andere zur Hoffnung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.04.2024

    Landesbischof Gohl: "Wir stehen an der Seite Israels"

    "Der Angriff des Iran bedroht die Existenz Israels. Wir müssen daran erinnern, dass alles mit dem Pogrom der Hamas an Israel begann." Gohl weist weiterhin auf die israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas hin.

    Mehr erfahren
  • Datum: 12.04.2024

    Klassik und Pop Hand in Hand

    Die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik in Tübingen hat schon früh einen Studiengang für populare Kirchenmusik eingerichtet und war damit in der EKD Vorreiter. Prof. Thomas J. Mandl und Prof. Patrick Bebelaar erklären, was das Besondere an der HKM ist.

    Mehr erfahren
Mehr laden