Mit „Freifunk“ zu freiem Internet in Flüchtlingsunterkünften
Als Jned Ossi (36) mit seiner Familie und weiteren syrischen Flüchtlingen in das evangelische Gemeindehaus in Schlaitdorf zog, kümmerte sich Pfarrer Ernst Herrmann nicht nur darum, dass die Flüchtlinge gut unterkamen. Er organisierte auch freies WLAN. „Das ist für sie notwendiger wie für uns und ein Weg zur Integration“, so der 62-Jährige. Nadja Golitschek hat Pfarrer Herrmann und den Syrer Jned Ossi besucht und erfahren, weshalb Internet für die Flüchtlinge so unerlässlich ist und wie die Initiative „Freifunk“ hier helfen kann.
„Wenn die Verbindung mal nicht so gut ist, gibt es große Aufregung
Seit Ende letzten Jahres wohnen die Familien im Untergeschoss des Gemeindehauses. In einem kleinen Zimmer lebt Jned Ossi mit seiner Frau und den beiden Kindern. Den Großteil des Raumes nehmen der weiße Tisch in der Zimmermitte und die orangene Couch ein. „Der Tisch ist vom Landratsamt gestellt worden“, sagt Pfarrer Ernst Herrmann. „Das Sofa war eine Spende von Schlaitdorfer Bürgern. Sowas kriegt man vom Landratsamt nicht.“
Der 62-Jährige schaut regelmäßig bei den syrischen Familien im Gemeindehaus vorbei, auch um zu sehen, ob der „Freifunk“-Router und somit das WLAN funktioniert. „Wenn die Verbindung mal nicht so gut ist, gibt es große Aufregung.“ Heute ist die Verbindung sehr gut. Dann kann Jned mit seinen Eltern in Syrien telefonieren. Bei schwächerer Verbindung kann er ihnen immerhin über WhatsApp eine Nachricht schreiben und sich auf diesem Weg erkundigen, wie es ihnen geht und wie die Lage in Syrien ist.
Deutsch lernen mit Sprach-Apps und Serien
Jned kocht in dem kleinen Zimmer Instantkaffee. Sein Sohn und seine Tochter, 3 und 5 Jahre alt, sind im Kindergarten. Pfarrer Herrmann sitzt auf der orangenen Couch, auf einem Laptop laufen nebenher über die Internet-Mediathek die „Rosenheim-Cops“. „Das läuft hier flüssiger als bei mir daheim“, sagt Pfarrer Herrmann lachend mit Blick auf die Krimiserie. „Wenn sie langsam sprechen, verstehe ich schon etwas“, erzählt Jned, der zurzeit emsig Deutsch lernt. Der 36-Jährige und seine Familie sehen sich über das Internet regelmäßig deutsche Nachrichten und Serien an. „Ich muss jeden Tag Deutsch hören und sprechen, sonst vergesse ich schnell.“ Die Deutschstunden, die Jned und seine Frau an drei Tagen in der Woche besuchen, reichen da allein nicht aus.
Bevor Jned den Kaffee serviert, muss er erst den kleinen weißen Tisch frei räumen. Darauf liegen ein Arabisch-Deutsch-Wörterbuch, Arbeitsblätter, ein Schreibblock und Jneds Smartphone. Seine Deutschlehrerin hat ihm eine E-Mail geschickt mit einem Link zu einer Website, auf der die deutsche Grammatik erklärt wird. „Dativ, Akkusativ, Genitiv – das müssen wir alles lernen. Gar nicht so einfach“, erzählt Jned. Mit einer Sprach-App lernt er zusätzlich Vokabeln und deutsche Redewendungen. Auch hierfür ist er auf das WLAN, das der „Freifunk“-Router liefert, angewiesen.
Denn Jned bereitet sich auf seine Deutschprüfung vor. Wenn er die besteht und anschließend am Fortgeschrittenen-Kurs teilnehmen kann, möchte er ab Herbst den Masterstudiengang in Agrarwissenschaft belegen. „Die Kinder lernen die Sprache automatisch im Kindergarten, die können bis zum Sommer perfekt Deutsch“, prognostiziert Pfarrer Herrmann. „Die Erwachsenen müssen sich das mühsamer aneignen.“
Obwohl Herrmann, wie er von sich selbst sagt, „technisch keine Ahnung“ hat, war für ihn von Anfang an klar: Die Flüchtlinge brauchen WLAN, „um Kontakt zur Heimat halten zu können, sich untereinander zu vernetzen, um über Apps Sprachen zu lernen und um eine Beschäftigung zu haben. Außerdem sitzen wir hier in Schlaitdorf im Funkloch.“ Seinen privaten Internetanschluss oder den der Gemeinde freizugeben, davon wurde ihm schnell abgeraten. „Durch die Gesetze hier kann man ja mit haftbar gemacht werden, falls jemand anderes über das offene Internet illegale Inhalte herunterlädt.“
Durch das Landratsamt Nürtingen wurde Herrmann auf „Freifunk“ aufmerksam, eine Initiative, die durch eine Firmware die Störerhaftung in Deutschland umgeht – somit kann offenes WLAN eingerichtet werden, ohne eine Abmahnung befürchten zu müssen. „Das Landratsamt übernimmt die Kosten für ‚Freifunk‘, aber erst in Einrichtungen ab 100 Personen.“ Deshalb ergriff der Schlaitdorfer Pfarrer selbst die Initiative: „Die Mitglieder von ‚Freifunk‘ kamen zu uns, haben sich das angeschaut und innerhalb einer Stunde hatten wir freies WLAN. Und überraschend günstig ist es auch noch – keine 200 Euro hat das gekostet und ohne laufende Kosten. Wir hatten mit viel mehr gerechnet.“
Ein Gemeindefest für einen „Freifunk“-Router
Um den „Freifunk“-Router zu finanzieren, wurde ein Gemeindefest ausgerichtet. Die syrischen Familien bereiteten das Essen zu. „Die können gut kochen!“, so Herrmann. Gut 120 Schlaitdorfer kamen zum Fest und spendeten für die Einrichtung des freien WLANs mit „Freifunk“. „Manchmal kommen auch andere Syrier, die hier im Ort untergebracht sind, zum Gemeindehaus und nutzen das offene Internet. Dann trinkt man noch einen Kaffee zusammen.“ Und was passiert mit dem „Freifunk“-Router, wenn keine Flüchtlinge mehr im Gemeindehaus wohnen? „Ich kann mir gut vorstellen, ‚Freifunk‘ für andere Projekte in der Gemeinde zu nutzen“, so Pfarrer Herrmann. „Das läuft technisch und finanziell problemlos. Besser geht es eigentlich nicht.“
„Freifunk“
„Freifunk“ ist eine nichtkommerzielle Initiative, die sich dem Aufbau und Betrieb eines freien und kostenlosen WLAN-Netzes in ganz Deutschland widmet. Ihr Ziel ist freier Internet-Zugang für jedermann. Am 9. Juni wird es bei der Informationsveranstaltung einen einführenden Vortrag und Erfahrungsberichte von Ehrenamtlichen geben. In vertiefenden Workshops wird gezeigt, wie ein „Freifunk“-Knoten eingerichtet werden kann.
Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden
Was ist Künstliche Intelligenz und was ist damit anzufangen? Eignet sich KI auch für die Gemeindearbeit und wo konkret kann sie dort zielgerichtet angewendet werden? Mit diesen Fragen befasst sich am 16. Mai ein Online-Seminar des Evangelischen Medienhauses.
Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.
Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.
Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.
Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.
In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.
Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.
Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.
„Wir beten, dass die zerstörende Gewalt ein Ende nimmt“
Die Landeskirchen in Württemberg und Baden haben den Jüdinnen und Juden im Land Grüße zum Pessach-Fest übersandt. Darin nehmen Landesbischof Gohl und Landesbischöfin Springhart Bezug auf den Angriff der Hamas wie auch auf den Raketenangriff des Iran auf Israel.
Bei einer religionspolitischen Tagung der SPD-Bundestagsfraktion am 12. April in Berlin unter dem Titel „Mehr Zuversicht! Mit Hoffnung die Zeiten wenden“ betonte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, wer die Verwurzelung in Jesus Christus spüre, werde für andere zur Hoffnung.
Landesbischof Gohl: "Wir stehen an der Seite Israels"
"Der Angriff des Iran bedroht die Existenz Israels. Wir müssen daran erinnern, dass alles mit dem Pogrom der Hamas an Israel begann." Gohl weist weiterhin auf die israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas hin.