| Geistliches

Jesus kommt, wenn es am Dunkelsten ist

Eigentlich müsste morgen Weihnachten sein

Pfarrer Andreas Föhl, Bad Dürrheim privat

Die Christen haben ziemlich spät angefangen, den Geburtstag von Jesus zu feiern. Nämlich erst im dritten Jahrhundert nach Christus. Und da wusste niemand mehr so genau, wann Jesus wirklich geboren war. Also hat man Weihnachten einfach auf den 25. Dezember gelegt. Warum? Weil das nach dem damaligen Kalender der kürzeste Tag des Jahres war. Im Mittelalter gab es dann eine Kalenderreform. Seither ist der kürzeste Tag im Jahr eben der 21..

Jesus kommt dann zur Welt, wenn es bei uns am dunkelsten ist. Auch wenn niemand weiß, wann genau das nach dem Kalender war:  Ich finde, der Weihnachtstermin sagt sehr viel darüber aus, was das Fest für viele Menschen bedeutet – damals und auch heute. Christen glauben, dass im Stall von Bethlehem Gott selbst zur Welt gekommen ist, um bei seinen Menschen zu sein. Weihnachten am dunkelsten Tag des Jahres, das sagt mir: Gott ist nicht nur da, wenn die Sonne scheint, wenn es mir gut geht und ich gut drauf bin. Sondern Gott ist auch bei mir – grade dann – wenn es Nacht ist, wenn ich traurig bin, niedergeschlagen und nicht mehr weiter weiß.

Einer der dunkelsten Tage für Josef Müller war der, an dem er ins Gefängnis musste. So hat der ehemalige Steuerberater es einmal im Radio erzählt. Er ist in den Knast gekommen, weil er seine Kunden um über zehn Millionen Euro betrogen hat, um damit für sich ein Leben in Saus und Braus zu finanzieren. Im Gefängnis wollte dann niemand mehr etwas von ihm wissen, selbst seine Freunde und seine Frau nicht. Da ist Josef Müller ein Satz von früher, aus dem Religionsunterricht, eingefallen: „Gott ist immer für dich da“. Er hat begonnen, in der Bibel zu lesen, die Geschichten von Jesus, und er hat angefangen, Gott zu vertrauen. „Wenn Sie Jesus kennenlernen, dann ändert sich das ganze Leben“, hat er dem Moderator in diesem Interview gesagt. „Gott hat mich rausgeholt aus dem Sumpf.“

Übermorgen ist der dunkelste Tag im Jahr. Aber von da an wird es wieder heller. Auch wenn man es kaum merkt: Es geht wieder in Richtung Licht. „Wintersonnenwende“ nennen das die Astronomen. Ich finde, auch das passt zu Weihnachten: Wenn ich anfange, darauf zu vertrauen, dass Gott nicht weit weg ist, sondern ganz nah, dann wendet und verändert sich auch etwas. Dann lebe ich anders: zuversichtlicher.

Morgen, am 21. Dezember, müsste eigentlich Weihnachten sein. Trotzdem kann man den Termin ruhig so lassen, wie er ist. Denn die Erfahrung „Gott ist immer für mich da“ kann ich am 4. Advent machen, am 25. Dezember und an jedem anderen Tag im Jahr auch.

Andreas Föhl

Ursprünglich gesendet in der Rubrik „Anstöße“ bei SWR1.


Mehr News

  • Datum: 22.04.2024

    Innovationstag: Jetzt anmelden!

    Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.04.2024

    KI in der Gemeindearbeit einsetzen

    Was ist Künstliche Intelligenz und was ist damit anzufangen? Eignet sich KI auch für die Gemeindearbeit und wo konkret kann sie dort zielgerichtet angewendet werden? Mit diesen Fragen befasst sich am 16. Mai ein Online-Seminar des Evangelischen Medienhauses.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.04.2024

    „Konfirmanden ist Glaube wichtiger als Geschenke“

    Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    „Kirche mit Kindern“ ist einfach lebendig

    Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    Video: Multitalent mit Down-Syndrom

    Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 17.04.2024

    „Der Segen Gottes gilt uns allen“

    Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Segen, Mut & Traubenzucker

    In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Digitaler Notfallkoffer für die Seele

    Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Zum 200. Todestag von Beata Regina Hahn

    Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    „Wir beten, dass die zerstörende Gewalt ein Ende nimmt“

    Die Landeskirchen in Württemberg und Baden haben den Jüdinnen und Juden im Land Grüße zum Pessach-Fest übersandt. Darin nehmen Landesbischof Gohl und Landesbischöfin Springhart Bezug auf den Angriff der Hamas wie auch auf den Raketenangriff des Iran auf Israel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    Hoffnung wird durch Menschen vermittelt

    Bei einer religionspolitischen Tagung der SPD-Bundestagsfraktion am 12. April in Berlin unter dem Titel „Mehr Zuversicht! Mit Hoffnung die Zeiten wenden“ betonte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, wer die Verwurzelung in Jesus Christus spüre, werde für andere zur Hoffnung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.04.2024

    Landesbischof Gohl: "Wir stehen an der Seite Israels"

    "Der Angriff des Iran bedroht die Existenz Israels. Wir müssen daran erinnern, dass alles mit dem Pogrom der Hamas an Israel begann." Gohl weist weiterhin auf die israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas hin.

    Mehr erfahren
Mehr laden