Jede Religion hat ihre Gewaltgeschichte. Dennoch steckt in ihnen viel Kraft zu Frieden und Versöhnung, sagt Pfarrer Stefan Hermann, Direktor des pädagogisch-theologischen Zentrums der Landeskirche. Stephan Braun hat mit ihm im Vorfeld der Tagung „Frieden - mit Religion“ gesprochen.
Religion und Frieden – passt das zusammen? Ein Blick in Geschichte und Gegenwart könnte Zweifel aufkommen lassen. Die geschichtlichen Erfahrungen mit Religion sind in der Tat gemischt. Jede Religion hat ihre Gewaltgeschichte. Wer da mit dem Finger auf andere zeigt, etwa auf den Islam, auf den weisen drei Finger zurück. Ich möchte, dass wir selbstkritisch sind und die eigene Unrechtsgeschichte nicht verleugnen. In Religion steckt viel Kraft zu Frieden und Versöhnung.
Können Sie Beispiele nennen? Denken Sie an die Würde des Menschen, die das Grundgesetz garantiert. Sie entspricht dem christlichen Glauben an die Gottesebenbildlichkeit. Christen wissen: Gott hat uns bei unserem Namen gerufen und jedem einzelnen Geschöpf seinen eigenen Wert und seine eigene Würde zugesprochen. Das ist eine gute Ausgangsbasis für den interreligiösen und interkulturellen Dialog. Ähnliches finden Sie übrigens auch im Islam und anderen Religionen. Oder denken Sie an die Bildungsgeschichte des Islams und des Christentums. Die kulturelle Blütezeit des Islam hat große philosophische Denker hervorgebracht und die Naturwissenschaften weiterentwickelt. So hat Averroes, dessen arabischer Name Ibn Ruschd ist und der im Mittelalter in den kirchlichen Überlieferungen vielfach zitiert wird, zahlreiche Aristoteleskommentare verfasst. Ohne die Quellen aus dieser Zeit würde der Geistesgeschichte der sogenannten westlichen Welt Wesentliches fehlen. Leider hat sich der Islam durch das seit 1485 jahrhundertelang geltende Verbot Schriften zu drucken, selbst aus der wissenschaftlichen Diskussion verabschiedet, wie der Religionswissenschaftler Michael Blume in seinem Buch: „Islam in der Krise“ sehr gut zeigt. Mit fernöstlichen Religionen verbinden uns insbesondere die Achtung vor der Schöpfung und der Friedenswille, beispielsweise eines Mahatma Gandhi, aber auch verschiedene Wege der Meditation.
Pfarrer Stefan Hermann ist Direktor des pädagogisch-theologischen Zentrums der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und Sprecher der Leitungen der religionspädagogischen Institute der Evangelischen Kirche in Deutschland. Im Ehrenamt ist er seit über zehn Jahren kommunalpolitisch engagiert. Neben seinen weltweiten ökumenischen Verbindungen ist er Vorsitzender des Arbeitskreises Orthodoxe Theologie der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.
Unter welchen Bedingungen ist religiöse Bildung friedensfördernd? Sie sollte die Gemeinsamkeiten stärken, die es zwischen den Religionen gibt, ohne die Unterschiede zu verschweigen. Es ist wichtig, das Eigene zu kennen, aber auch das andere zu verstehen und wertzuschätzen. Für evangelische Christen ist beispielsweise die Rechtfertigungslehre ein zentrales Thema, andere Konfessionen und Religionen haben eher ethische Schwerpunktsetzungen. Das muss sich nicht ausschließen. Evangelische Christen sollten wiederum verstehen, warum für katholische und orthodoxe Christen sowie für Muslime Fasten ganz wichtig ist, für uns aber nicht diese Bedeutung hat. Es geht hier um Toleranz, also die Fähigkeit, sich auf unterschiedliche Perspektiven wertschätzend einzulassen.
Können diese Kriterien alle Religionen in gleicher Weise erfüllen? Keine Religion oder Weltanschauung ist gegen Fundamentalismus gefeit. Solche Selbstbezogenheit ist gefährlich und höchst gewaltanfällig. Auch im Christentum gab es immer wieder auch Phasen, in denen es uns nicht gelang Verschiedenheit anzuerkennen und wertzuschätzen. Und auch heute gibt es bei uns fundamentalistische Strömungen. Das erleben wir teils auch bei anderen Religionen. Wir dürfen aber nicht übersehen, es gab und gibt es auch einen aufgeklärten Islam, der sich um die Anerkennung von Vielfalt und Toleranz bemüht.
Wo liegen in dieser Frage die besonderen Herausforderungen für Christen und die Kirchen in Baden-Württemberg? Unsere besondere Aufgabe ist es, zur Anerkennung von Vielfalt beizutragen und auf Versöhnung hinzuarbeiten. Dabei können wir auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Schon das Urchristentum war vielfältig und auch das Christentum wurde nicht auf eine Linie normiert. Wir haben nicht nur ein Evangelium, sondern vier Evangelien mit unterschiedlichen Perspektiven. Es steckt viel Buntheit und Verschiedenheit im Christentum und seinen Traditionen. Das kann auch für die Gesellschaft hilfreich sein und sie gegen die Gefahr des Fundamentalismus stärken, der sich abschottet, einem Gespräch auf Augenhöhe verweigert und zu Gewalt führen kann.
„Frieden – mit Religion“ lautet das diesjährige Thema der gemeinsamen Jahrestagung des Religionspädagogischen Instituts der Evangelischen Landeskirche in Baden und des Pädagogisch-Theologischen Zentrums der Evangelischen Landeskirche in Württemberg am Montag, 20. November, im Tagungszentrum Haus Birkach in Stuttgart.
Ein Workshop auf dieser Tagung beschäftigt sich mit dem Friedensprojekt Europa. Das scheint so dringlich wie lange nicht mehr. Was kann die Landeskirche dazu beitragen? Entscheidend wird sein, wie wir als Kirche Einheit in Verschiedenheit leben und erlebbar machen. Das beginnt vor der Haustür. Wie leben wir mit Menschen unterschiedlicher Konfession zusammen, die aus Europa kommen? Gibt es Kontakte zu ihnen, sind sie in unseren Kirchengemeinden integriert? Welche Partnerschaften gibt es zwischen der württembergischen Landeskirche und anderen Kirchen in der EU? Welche gemeinsamen diakonischen Projekte gibt es? Da ließe sich jetzt jede Menge aufzählen. Wir können mit unseren ökumenischen Erfahrungen als „global player“ ein Bewusstsein für die weltweite Gemeinschaft einbringen. Und wir können aus unserer Trennungsgeschichte lernen und diese Erfahrung für andere mit nutzbar machen. Es gibt ja beispielhafte Bewegungen in der Ökumene, die die Einheit, das Verbindende wieder betont. Ein Beispiel, das wir im Reformationsjahr erleben konnten, ist „Healing of memories“, bei der die evangelische wie die katholische Kirche in versöhnter Verschiedenheit gemeinsam betonen, was sie eint.
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