| Medien & Kultur

Quatsch mit Tiefsinn

Über den Unterschied zwischen Satire und Comedy und was die Kirche damit zu tun hat

Quatsch und Tiefsinn: Das ist Satire. Der Württemberger Pfarrerssohn Jakob Leube begann seine Karriere als Satiriker als Köbi im Kirchenradio und erklärte dort Kirche für Dummys. Derzeit arbeitet er für die NDR-Politsatiresendung „extra 3“ sowie das Sportsatireformat „WUMMS“, einem öffentlich-rechtlichen Jugendangebot. Tobias Weimer hat mit ihm über religiöse Witze und Satire gesprochen.

Bei WUMMS macht Jakob Leube (links) mit Freddy Radeke Sportsatire. WUMMS wird produziert von funk, ein Gemeinschaftsangebot von ARD und ZDF.WUMMS

Warum lachen Sie gerne?

Lachen gehört für mich zu den positivsten Dingen, die es gibt. Wenn ich über etwas auch lachen kann, heißt das oft, dass ich diese Sache oder Person abfeiere. Das ist etwas total Positives.

Wenn ich das auf Kirche, Glaube, Religion anwende, gibt es aber sicherlich einige, die das anders sehen.

Ich kann es verstehen, wenn jemand bei einem schlechten Witz nicht lacht oder wenn es nur um einen billigen Lacher geht. Für viele Leute ist Lachen eben gleich ein Verlachen oder Auslachen. Das ist nicht mein Anspruch. Für mich ist das der Unterschied zwischen zum Beispiel Comedy und Satire.

Nämlich?

Satire geht über den bloßen Lacher hinaus, den Comedy produzieren will. Satire soll im besten Fall aus dem Stillstand holen, an Emotionen rütteln, positiv oder negativ. Als Satiriker will ich dazu beitragen, dass im Kopf oder in den Diskussionen der Leute etwas passiert.

Wer Satire zulässt, wird angreifbar. In einem satirischen Witz steckt immer ein Stück Wahrheit.

Jakob Leube

Ist das nicht etwas überzogen, wenn man es auf Kirche, Glaube und Religion bezieht?

Es ist ja keine prinzipielle Wertung oder Ablehnung damit verbunden, wenn man die Dinge mit Humor nimmt. Bei der Bundestagswahl wähle ich eine Partei. Ich habe aber trotzdem keine Hemmungen, ein satirisches Stück über diese Partei zu machen, wenn es dafür einen Grund gibt. So ist es für mich auch mit der Kirche und Religion.

Und mit dem Glauben?

Bei extra 3 ist für uns ganz klar, dass wir nicht nach unten treten. Wir führen keine Hartz 4-Empfängerinnen oder -Empfänger vor, nur weil sie Hartz 4-Empfänger sind. So ist es auch mit dem Glauben. Wir nehmen uns nicht die Tatsache vor, dass jemand gläubig ist. Glaube, das ist eine intime Sache. Warum sollte man darüber Witze machen? Wenn aber Religion zu extremistischem Verhalten führt oder wenn Würdenträger oder Institutionen aus unserer Sicht einen Anlass zur Kritik bieten, dann ist das für uns ein Thema. Ein Paradebeispiel ist sicherlich der ehemalige Bischof von Limburg.

Jakob Leube als „kleiner Mann“ bei extra 3extra 3/NDR

Ist das, was sie an Satire reizt, die zweite Ebene hinter dem Witz?

Das ist mein Anspruch. Quatsch als Selbstzweck ist zwar schön – aber nur im Privatleben. Beruflich reizt mich aber die Mischung aus Quatsch und Tiefsinn, Quatsch und Substanz. Ein inhaltlicher, ja journalistischer Anspruch ist mir wichtig.

Was kann Satire leisten, was eine rein journalistische Herangehensweise nicht schafft?

Satire ist einfach unterhaltsamer. Und Satire liefert nicht nur Wissen und Informationen. Sie bietet auch eine Haltung an. Wer Satire macht, vertritt eine Haltung zu einem Thema. An der Haltung kann man sich dann reiben oder darüber lachen, wenn man derselben Meinung ist. Ich lese zum Beispiel in der Zeitung zuerst die Kommentarspalten, bevor ich den Leitartikel lese. Mich interessiert die Haltung. Ich glaube, so geht es vielen.

Was verpassen Gläubige oder gar Institutionen, die sich gegen Satire verwehren?

Sie versuchen, sich vor Kritik zu schützen. Vor Dingen, die man nicht erklären will oder kann, vor Ungerechtigkeiten, die es auch in religiösen Institutionen gibt. Wer Satire zulässt, wird angreifbar. In einem satirischen Witz steckt immer ein Stück Wahrheit. Mal ist sie harmlos, mal tut sie richtig weh. Wer sich gegen solche Satire wehrt, will nicht kritisiert werden, will nicht über eigene Schwächen oder Fehler nachdenken. Allerdings macht Lachen Gläubige oder die Kirche sympathisch, nahbar und menschlich. Aber dazu braucht es Selbstironie. Und es hat eben auch mit der eigenen Prägung zu tun. Als schwäbischer Protestant habe ich zu solcher Satire einen anderen Zugang als ein italienischer Katholik.

Was hilft dabei, selbstironischer zu werden?

Ich glaube, dass Gott Humor hat und wahrscheinlich oft schmunzelt. Man muss trennen zwischen einer Institution und dem eigenen Glauben. Das kann dabei helfen, sich selbst nicht so ernst zu nehmen.

Mehr News

  • Datum: 22.04.2024

    Innovationstag: Jetzt anmelden!

    Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.04.2024

    KI in der Gemeindearbeit einsetzen

    Was ist Künstliche Intelligenz und was ist damit anzufangen? Eignet sich KI auch für die Gemeindearbeit und wo konkret kann sie dort zielgerichtet angewendet werden? Mit diesen Fragen befasst sich am 16. Mai ein Online-Seminar des Evangelischen Medienhauses.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.04.2024

    „Konfirmanden ist Glaube wichtiger als Geschenke“

    Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    „Kirche mit Kindern“ ist einfach lebendig

    Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    Video: Multitalent mit Down-Syndrom

    Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 17.04.2024

    „Der Segen Gottes gilt uns allen“

    Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Segen, Mut & Traubenzucker

    In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Digitaler Notfallkoffer für die Seele

    Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Zum 200. Todestag von Beata Regina Hahn

    Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    „Wir beten, dass die zerstörende Gewalt ein Ende nimmt“

    Die Landeskirchen in Württemberg und Baden haben den Jüdinnen und Juden im Land Grüße zum Pessach-Fest übersandt. Darin nehmen Landesbischof Gohl und Landesbischöfin Springhart Bezug auf den Angriff der Hamas wie auch auf den Raketenangriff des Iran auf Israel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    Hoffnung wird durch Menschen vermittelt

    Bei einer religionspolitischen Tagung der SPD-Bundestagsfraktion am 12. April in Berlin unter dem Titel „Mehr Zuversicht! Mit Hoffnung die Zeiten wenden“ betonte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, wer die Verwurzelung in Jesus Christus spüre, werde für andere zur Hoffnung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.04.2024

    Landesbischof Gohl: "Wir stehen an der Seite Israels"

    "Der Angriff des Iran bedroht die Existenz Israels. Wir müssen daran erinnern, dass alles mit dem Pogrom der Hamas an Israel begann." Gohl weist weiterhin auf die israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas hin.

    Mehr erfahren
Mehr laden