| Medien & Kultur

Digitale Erinnerung

QR-Codes auf Friedhöfen

QR-Codes – jeder hat sie schon einmal gesehen. Die schwarz-weißen Quadrate sind in Zeitschriften, auf Lebensmittelpackungen und Flyern. Hinter ihnen verbergen sich Produktinformationen und Websites. Mittlerweile findet man sie sogar auf Friedhöfen. Nadja Golitschek hat nachgefragt, was es damit auf sich hat.

kytalpa - fotolia.com

Einen QR-Code erwarten wohl die wenigsten, wenn sie einen Friedhof besuchen. Wer den schwarz-weißen Code mit dem Handy oder dem Tablet abscannt, kann dahinter die Lebensgeschichte eines Toten oder eine Gedenkwebsite für einen Verstorbenen entdecken. Festgehalten für die digitale Nachwelt.


In einem QR Code kann man Informationen unterschiedlichster Art speichern, wie zum Beispiel Internet-Adressen, Texte, Telefonnummern und komplette Visitenkarten. Zum Entschlüsseln des Codes ist ein Smartphone, ein Tablet-PC oder ein Notebook mit Kamera und eine Lesesoftware für QR-Codes notwendig.


QR-Codes an privaten Gräbern sind grundsätzlich erlaubt, erklärt Stefan Braun, Dienststellenleiter der Abteilung Friedhöfe im Garten-, Friedhofs und Forstamt der Stadt Stuttgart. „Allerdings muss er vorher geprüft werden, damit hinter dem QR-Code keine Werbeseite steckt.“ Doch obwohl jeder zweite Deutsche auch unterwegs online ist, gibt es in Stuttgart keine private Grabstätte, auf dem ein QR-Code zu finden ist. In anderen Gemeinden würde er schon genutzt, so Braun. „Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die Sache auch zu uns kommt.“

Der Friedhof ist mehr als eine Entsorgungsstätte

Auch Maurus Baldermann hat noch keine Begräbnisstätte mit QR-Code gesehen. Der Grabmalssachverständige arbeitet seit 20 Jahren im Friedhofswesen der Stadt Stuttgart. Für ihn ist ein Friedhof sowohl ein Blick in die Vergangenheit als auch in die Zukunft: „Er sagt uns, wie sich die Formen von Bestattung verändern. Und auch die Art, sich an einen Verstorbenen zu erinnern. Da gibt es heute sehr viele Möglichkeiten, wie Online-Friedhöfe oder virtuelle Gedenkkerzen“, sagt Baldermann. Eine Möglichkeit des Erinnerns könnten auch QR-Codes sein.

Auf dem Waldfriedhof in Stuttgart sind die schwarz-weißen Quadrate ab November 2014 zum ersten Mal zu finden. Im Rahmen eines neuen Internetangebots, „Wo sie ruhen“, werden an Ehrengräbern und den Ruhestätten bekannter Persönlichkeiten QR-Codes angebracht. Die Besucher erfahren über eine Friedhofs-App und der dazugehörigen Website etwas über das Leben der Verstorbenen und die Architektur der Grabmäler.

„Das nimmt die Anonymität“, so Baldermann. Er habe oft das Gefühl, der Friedhof werde als reine „Entsorgungsstätte“ wahrgenommen. Der Grabmalssachverständige erhofft sich daher sehr viel von den QR-Codes. „Ein Friedhof ist ein historischer Ort, an dem man viel über Geschichte, Menschen und ihr Leben erfahren kann.“

Gedenken braucht einen Ort

Kirchenrat Dr. Frank Zeeb vom Referat Theologie, Kirche und Gesellschaft sieht der digitalen Erinnerungskultur entspannt entgegen. „QR-Codes auf Grabsteinen sind vielleicht ungewöhnlich, aber theologisch nicht automatisch verwerflich.“ Zentrale Funktion des Friedhofs sei das Erinnern und Gedenken. Dazu gehöre, dass der Name aufbewahrt wird. „Aus der Seelsorge weiß ich, dass es den Hinterbliebenen wichtig ist, einen Gedenkort mit dem Namen des Verstorbenen zu haben.“ Ein QR-Code, der etwas über das Leben des Toten offenbart, könne zum Erinnern beitragen.

Allerdings gibt Zeeb zu bedenken, dass niemand durch diese Art des Gedenkens ausgeschlossen werden solle: „Jeder sollte die Möglichkeit haben, etwas über den Verstorbenen zu erfahren. Eine Großmutter hat vielleicht kein Smartphone. Oder der Empfang auf dem Friedhof ist schlecht.“

Neben dem Waldfriedhof in Stuttgart wird in Württemberg der Tübinger Stadtfriedhof ebenfalls QR-Codes erhalten. Im Rahmen des bundesweiten Projekts zur „Friedhofs-App“ soll jedes Bundesland mindestens einen Friedhof beisteuern. Projektträger ist die Stiftung Historische Kirchhöfe und Friedhöfe Berlin-Brandenburg.

Nadja Golitschek

Mehr News

  • Datum: 29.03.2024

    Karfreitag: Bruchstücke des Lebens

    „Ich kann die Gebrochenheit in meinem Leben zulassen, weil ich weiß, dass auch ich mit all meiner Bruchstückhaftigkeit, auch mit meinem Scheitern einfach in Gottes Liebe aufgehoben bin“, sagt Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in diesem SWR-Gespräch über Karfreitag.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    „Leben ist ein unverfügbares Geschenk“

    In seiner Osterpredigt weist Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl auf die Heiligkeit des menschlichen Lebens hin und warnt vor gesellschaftlichen Risiken: „Eine Gesellschaft, die meint, sich selbst das Leben zu verdanken, verliert am Ende die Ehrfurcht vor dem Leben.“

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Osterbotschaft: „Sieg des Lebens“

    „Ostern ist der Sieg des Lebens über den Tod, der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit“, sagt Landesbischof Gohl in seiner Osterbotschaft. Im Video nimmt er Sie mit auf den Birkenkopf bei Stuttgart, wo nach dem 2. Weltkrieg große Mengen Fassadentrümmer aufgeschüttet wurden.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Mit den Sinnen feiern: Ostern mit den Konfis

    Ostern ist kein einfaches Fest. Wie man dieses zentrale Fest der Christenheit Konfirmanden und Konfirmandinnen nahebringt, davon erzählen Pfarrer Friedemann Bauschert (Stephanuskirche Tübingen) und Pfarrer Martin Trugenberger, Dozent für Konfirmandenarbeit am ptz.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Spenden für humanitäre Hilfe im Nahen Osten

    Nach den Angriffen der Hamas auf die israelische Bevölkerung ist die humanitäre Lage der Menschen in den betroffenen Gebieten dramatisch. Medikamente, Wasser und Lebensmittel fehlen. Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende der Diakonie Württemberg, bittet um Hilfe.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Perspektiven für christlich-islamischen Dialog

    Dr. Friedmann Eißler, Islambeauftragter der Landeskirche, erklärt in einer aktuellen Stellungnahme, was den interreligiösen Dialog gegenwärtig so komplex macht.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.03.2024

    ACK-Broschüre über Nachhaltigkeit

    Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Baden-Württemberg fordert in den „Schöpfungs-Leitlinien“ nachhaltige Lebensbedingungen für die ganze Welt. Die erstmals 2002 herausgegebene Broschüre ist nun in einer überarbeiteten Neuauflage erhältlich.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    beraten & beschlossen Frühjahrssynode 2024

    Videos, Bilder, Berichte - unser digitales Synoden-Magazin gibt multimedial Einblick in die Frühjahrstagung der Landessynode am 15. und 16. März. Und um keine Ausgabe zu verpassen, können Sie sich hier für unseren „beraten & beschlossen“ Newsletter registrieren.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    Prälatur-Gottesdienste in der Karwoche und zu Ostern

    Die Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe der Landeskirche feiern an Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag Gottesdienste in ihrer Prälatur. Hier finden Sie die Terminübersicht.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    FAQ zu Ostern: Auferstehung für Zweifelnde

    Ohne Auferstehung gäbe es kein Ostern. Doch woran glauben Christinnen und Christen da eigentlich, und was ist, wenn einem dieser Glaube schwerfällt? Was sagt die Bibel dazu? Pfarrer Dan Peter, Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, gibt Antworten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.03.2024

    Dr. Fabian Peters wird Dezernent für Finanzmanagement & Informationstechnologie

    Dr. Fabian Peters leitet künftig das Dezernat für Finanzmanagement und Informationstechnologie im Stuttgarter Oberkirchenrat. Der Landeskirchenausschuss hat ihn am Donnerstag, 21. März, in dieses Amt gewählt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.03.2024

    Der Passion und Auferstehung Jesu nachgehen

    Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern sind Höhepunkte im Kirchenjahr. Evangelische Kirchengemeinden und Einrichtungen erinnern mit Ostergärten und -wegen an Jesu Leiden, Tod und Auferstehung.

    Mehr erfahren
Mehr laden