| Flüchtlinge

Multitaskingfähig, stressresistent, flexibel

Sozialarbeiter des Kreisdiakonieverbands betreuen Asylunterkünfte

„Es ist eine Herausforderung“, sagt der Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands (KDV) Rems-Murr-Kreis, Gerhard Rall. Die Rede ist von der Flüchtlings- und Asylarbeit. Derzeit betreuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kreisdiakonieverbands insgesamt sieben Flüchtlingsunterkünfte in Winterbach, Rudersberg und Plüderhausen. Dazu kommt das Zentrum für Internationale Begegnungen, das der KDV zusammen mit der Stadt Schorndorf betreibt. „Außerdem beraten und betreuen wir mehrere Asylarbeitskreise in der Region“, berichtet Rall. „Wir haben wirklich rotiert in den vergangenen Monaten.“ 

Karoline Speer und Andrej Großmann im Gespräch mit einem Asylbewerber.KDV Rems-Murr-Kreis

Flüchtlingssozialarbeiterteam im Einsatz

Für die Flüchtlingssozialarbeit in den Gemeinschaftsunterkünften hat der Kreisdiakonieverband sechs Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter eingestellt. In Winterbach betreuen Karoline Speer und Andrej Großmann etwa 240 Flüchtlinge. Es sind ausschließlich Familien, die im ehemaligen Best Western Hotel am Ortsrand untergebracht sind. „Gemütlichkeit von Herzen annerst!“ steht auf einem gerahmten Plakat, das im Büro der beiden Sozialpädagogen hängt. Ein Relikt aus der Zeit, als in dem kleinen Raum hinter dem breiten Holztresen der ehemaligen Lobby die Reservierungen von Hotelgästen verwaltet wurden. Heute füllen Speer und Großmann dort Formulare verschiedener Behörden aus, kümmern sich um Schul- und Kindergartenanmeldungen für Flüchtlingskinder, telefonieren mit dem Jugend- und dem Standesamt, mit Fachärzten oder dem Jobcenter. „Viel Papierkram halt“, sagt Karoline Speer. 

Familien versorgen sich selbst

Derzeit sind in Winterbach fast alle Zimmer in der Unterkunft belegt. In jedes Doppelzimmer wurden zwei Etagenbetten gequetscht. So können vier Personen in einem Raum schlafen. Wenn Eltern mehrere kleine Kinder haben, dann sind es auch mal fünf oder sechs. Dass es bisher wenig Konflikte zwischen den Heimbewohnern gibt, mag auch an der Tatsache liegen, dass jede Familie ein eigenes Bad zur Verfügung hat. „Das erleichtert vieles“, sagt Speer. Für ihr Essen sorgt jede Familie selbst. In langen Reihen stehen Elektroherde in der ehemaligen Hotelküche. Vor der Tür gibt es zudem noch zwei Küchencontainer und einen Waschmaschinencontainer. Vor einer Tür im Obergeschoss ist ein Stundenplan ausgehängt. Jeden Tag kommen Ehrenamtliche ins Haus und bieten Deutschkurse an. Demnächst soll es auch eine Kinderbetreuung für die Kleinsten geben. 

Sprachbarriere

Generell stellen die mangelnden Sprachkenntnisse vieler Flüchtlinge eine große Hürde dar. Nicht nur bei der Integration in Deutschland, sondern auch in der Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern und beim Zusammenleben im Heim. Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und Eritrea. Sie können kein Deutsch. Die wenigen, die gut Englisch sprechen, übersetzen für andere, gehen mit zu Ärzten oder anderen Terminen. „Und wenn gar nichts mehr geht, dann verständigen wir uns mit Händen und Füßen oder benutzen den Google-Translator.“ 

Lange Wartezeiten führen zur Ungeduld

„Wir müssen multitaskingfähig sein, stressresistent, flexibel und spontan“, so fasst Andrej Großmann die wichtigsten Eigenschaften eines Flüchtlingssozialarbeiters zusammen. „Und man braucht ein dickes Fell.“ Denn immer wieder müssen sich die Sozialarbeiter auch Vorwürfe anhören, weil das Asylverfahren häufig sehr lange dauert. „Dass wir darauf keinen Einfluss haben, verstehen viele nicht“, erklärt Speer. Sie kann nachvollziehen, dass die Flüchtlinge sich Sorgen machen. „Wir haben hier Menschen, die seit sieben Monaten auf einen Interviewtermin warten.“ Dieses Interview ist nötig, damit überhaupt ein Asylantrag gestellt werden kann. 

Dankbarkeit

Doch es gibt auch die schönen Momente: Wenn Eltern sich bedanken, dass die Kinder nun zum Kindergartenbesuch angemeldet sind. Wenn ein positiver Bescheid eintrifft, ein Asylverfahren abgeschlossen ist. Und wenn das Lachen der Kinder vom neuen Spielplatz durch das Bürofenster dringt. „Und wenn eine kleine Baustelle erledigt ist, kommt schon die nächste“, sagt Grossmann. Momentan versucht er einen WLAN-Anschluss für die Unterkunft zu organisieren.

Ute Dilg

(aus: Diakonie. Das Magazin, Ausgabe 1/2016 für den Kreisdiakonieverband Rems-Murr-Kreis)


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