Das Leben unter Gottes Segen

Mit der Taufe beginnt das Leben als Christ

Wer in den letzten Jahren an einem Konfirmationsgottesdienst teilgenommen hat, der wird fast immer erleben, dass einige der Konfirmandinnen und Konfirmanden zunächst getauft werden. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist es nicht mehr selbstverständlich, dass alle Eltern ihre Kinder als Säuglinge taufen lassen. Die Gründe sind vielfältig. Die Gründe für die Säuglingstaufe auch.

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Bei manchen Eltern, die ihre Kinder nicht taufen lassen, spielt die eigene Unsicherheit in Glaubensfragen eine Rolle: Wenn ich selbst unsicher bin und keine Antworten habe, wie soll ich dann wissen, ob dieser Glaube für mein Kind richtig ist? Andere Eltern haben Bedenken, ihre Kinder in Glaubensfragen zu bevormunden. Die Kinder sollen sich später selber entscheiden, ob sie getauft werden und den christlichen Glauben annehmen wollen. Wenn die Eltern verschiedenen Konfessionen angehören, kommt noch dazu, dass mit der Taufe die Kirchenzugehörigkeit entschieden wird. Auch da möchten viele Eltern ihr Kind lieber selber entscheiden lassen, ob es der katholischen oder der Evangelischen Kirche angehören möchte. Manche Eltern zögern auch, ihr Kind taufen zu lassen, weil für sie Glaube und Taufe zusammen gehören. Ein Säugling aber kann noch nicht glauben und sich für die Taufe entscheiden.

Das Kind in die Gemeinschaft mit Christus aufnehmen

In urchristlicher Zeit wurden zunächst Erwachsene getauft, die mit dem Evangelium von Jesus Christus in Berührung kamen. In einer typischen Geschichte erzählt die Bibel am Beispiel eines äthiopischen Beamten, wie das war (Apg 8, 26-40). Allerdings wurden auch damals schon ganze Hausgemeinschaften (Apg 16, 15.33) getauft und in die Gemeinde aufgenommen. Dazu gehörten dann selbstverständlich auch die Kinder und Säuglinge. Die Menschen fühlten sich als Teil ihrer Familie. Mit dem Familienoberhaupt wurden deshalb selbstverständlich alle Familienmitglieder in die Gemeinde aufgenommen. Es wäre undenkbar gewesen, eine Entscheidung von so weitreichender Bedeutung für sich allein zu treffen und die davon unberührt zu lassen, die einem anvertraut sind. Was für mich gut und richtig ist, dass wird auch für meine Familienangehörigen gut und richtig und wichtig sein – so nahmen die Menschen ihre Verantwortung füreinander wahr. Deshalb wurde etwa ab dem 5. Jahrhundert die Säuglingstaufe die Regel.

In der Bibel gibt es keine verbindliche Regelung dafür, ob Kinder oder Erwachsene getauft werden sollen. Im Matthäusevangelium ist allerdings die Anweisung Jesu festgehalten, allen Völkern den christlichen Glauben zu bringen. Und dann heißt es: "Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles zu halten, was ich euch befohlen habe." Auf diese eindeutige Anweisung berufen sich alle christlichen Kirchen. Die Taufe auf den Namen des dreieinigen Gottes wird deshalb auch von fast allen Kirchen und Freikirchen gegenseitig anerkannt. Eine Wiederholung der Taufe wird beim Übertritt von einer Kirche in die andere deshalb nicht vorgenommen.

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Ohne Glauben keine Taufe

Ohne den Glauben des Getauften kann und darf es allerdings keine Taufe geben. Ab dem 17. Jahrhundert gab und gibt es mit dieser Begründung Bedenken gegen die Kindertaufe. Der Mensch wurde stärker als Individuum verstanden. Jeder einzelne muss selbst entscheiden, ob er glauben und getauft werden will. Christen, die so dachten und handelten, schlossen sich zusammen. Der Verzicht auf die Kindertaufe verstieß damals allerdings gegen das Staatskirchenrecht. Die Baptisten mussten deshalb auswandern. Sie gingen zum großen Teil nach Nordamerika, wo der Baptismus eine starke religiöse Kraft wurde. Seit dem 19. Jahrhundert gibt es Baptisten auch in Deutschland. Sie stellen gegenwärtig die größte Freikirche dar. Den Vorwurf der Wiedertaufe lehnen die Baptisten ab, weil sie die Säuglingstaufe überhaupt nicht als Taufe anerkennen.

Wenn Eltern heute ihre Kinder als Säuglinge taufen lassen, steht - neben der Tradition – wohl vor allem auch der Gedanke dahinter, der schon die frühen Christen bewegte: Die Kinder sollen in die Gemeinschaft mit Christus hinein genommen werden, in der auch ihre Eltern leben. Die Eltern wollen ihre Kinder Gott anvertrauen. Die Taufformel "ich taufe dich auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" macht deutlich, dass es vor allem darum geht. Der Säugling wird eben nicht auf seinen eigenen Namen getauft, als ob Taufe Namensgebung wäre.

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Das Kind wird vielmehr auf den Namen Gottes, gewissermaßen in die Familie Gottes hinein getauft. Die Taufe zeigt, dass mein Kind ein Kind Gottes ist und dass es diesem Vater im Himmel vertrauen kann. Weil sie das für ihr Kind so wollen, lassen immer noch die meisten Eltern ihre Kinder taufen. Wichtig ist dann allerdings, was auf die Taufe folgt. Eltern, Paten und die Gemeinde müssen dem Kind vorleben, was das heißt, dem Vater im Himmel zu vertrauen. Wenn das Kind nicht durch ihr Beispiel zu eigenem Glauben und Vertrauen kommt, bleibt die Taufe schließlich leer und für die Getauften bedeutungslos. Ohne das Beispiel ihrer Eltern und anderer Menschen werden Kinder kaum begreifen können, was es heißt, zu glauben. Es ist die Frage, ob sie sich dann als etwas ältere Kinder oder als Jugendliche entscheiden können, ob sie getauft werden wollen. Wie sollen sie erleben, spüren, was Christsein ist, wenn sie es nicht von denen erfahren, denen sie vertrauen? Natürlich müssen Eltern ihren Kindern die Freiheit lassen, sich später anders zu entscheiden, als sie es mit der Taufe für richtig gehalten haben. Aber zunächst sollten die Kinder erfahren: Meinen Eltern ist die Nähe Gottes wichtig, auch für mich. Meine Eltern fühlen sich aufgehoben und geborgen, weil Gott zu ihnen hält. Und ich kann das auch.

Quelle: Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg (16/2004)