25.06.2019 Die Frau, die sich mit Exorzisten anlegt
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Gesellschaft
Die Frau, die sich mit Exorzisten anlegt
Maimouna Obot aus Stuttgart hilft „Hexenkindern" in Nigeria
Im Hauptberuf ist Maimouna Obot Personalchefin des baden-württembergischen Landeskriminalamts. Einen Großteil ihrer Freizeit investiert sie in den Kampf gegen den Hexenkult in Nigeria. Und nicht nur da: „Hexenkinder gibt es auch in Deutschland", fürchtet die 37-Jährige.
Stuttgart. Zuerst konnte Maimouna Obot es kaum glauben: „Hexenverfolgung - so was gibt es noch heute?" Durch eine BBC-Fernsehreportage erfuhr sie, dass in Nigeria Kinder als „Hexen" gebrandmarkt und bei brutalen Exorzismen verletzt und oft auch getötet werden. Um dem auf den Grund zu gehen, reiste die Juristin, die als Personalchefin beim baden-württembergischen Landeskriminalamt arbeitet, 2016 zum ersten Mal nach Nigeria.
Prediger verdienen am Exorzismus
Dort sah sie Menschen auf den Märkten, die mit Lautsprechern zu immer demselben Thema predigten: Dämonischer Besessenheit und Angriffe durch Hexen.
„Über Hexen unterhält man sich dort wie über das Wetter. Viele Prediger verdienen durch einen kostspieligen Exorzismus ihr Geld", erklärt die Deutsch-Nigerianerin, die in Deutschland aufgewachsen ist.
Dabei schreckten die selbst ernannten Teufelsaustreiber vor keiner Gewalttat zurück: „Ich habe ein Mädchen getroffen, dem sie den Kopf mit einer Machete spalten wollten, damit der Teufel herausfährt."
„Hexen" am Rande der Gesellschaft
Die 37-Jährige schätzt, dass es in Nigeria Tausende Kinder gibt, die verstoßene „Hexen" sind. In der Region Oron im Südosten des Landes sei es besonders extrem: Dort gebe es fast genauso viele Kinder auf der Straße wie Kinder in den Familien. Da diese als „Hexen" kein Geld und Essen bekommen, werden sie nach ihren Worten fast unweigerlich kriminell oder landen oft in der Prostitution.
„Ich habe ein Mädchen getroffen, dem sie den Kopf mit einer Machete spalten wollten, damit der Teufel herausfährt."
Deshalb gründete Obot den Verein „Storychangers", der ein Kinderheim im südwestnigerianischen Eket unterstützt, in dem verstoßene „Hexenkinder" leben. Doch neben dem Leid der Kinder erschüttert die überzeugte Christin auch, dass diese furchtbaren Taten christlich legitimiert werden.
Wichtig ist ihr deshalb auch die Aufklärungsarbeit, weil nur so ihrer Meinung nach das Problem an der Wurzel angegangen werden kann.
Schulung für Pastoren
Bei ihrem dritten Besuch in Nigeria vor wenigen Wochen organisierte Obot mit einheimischen Partnern ein dreitägiges Seminar, in dem sie 60 Pastoren schulte. Die Geistlichen lernten, dass es keine theologische Rechtfertigung gibt, Kinder zu misshandeln oder zu töten, sondern dass Jesus sogar Kinder gesegnet hat. Und dass viele Ereignisse wie Fehlgeburten oder schlechtes Benehmen der Kinder nicht daran liegen, dass diese Hexen sind oder andere verhexen.
Junge erzählt von seinem Martyrium
An einem Ort konnten Obot und ihr Team sogar eine Dorfversammlung abhalten. Ein aus dem Dorf stammender, heute in einem Heim lebender 16-Jähriger erzählte vor den versammelten Menschen seine Geschichte: Damals banden ihn einige Männer aus dem Dorf an einen Baum, um ihn dort wegen „Hexerei" zu töten. Er konnte aber fliehen.
„Als er zu den Menschen in seinem Dorf sprach, hatten die Dorfältesten Tränen in den Augen", berichtet die Stuttgarterin.
„Hexenkinder" auch in Deutschland?
Maimouna Obot ist sich sicher, dass es auch in Deutschland „Hexenkinder" gibt und befürchtet, dass auch hier einige nigerianischen christlichen Gemeinden diesen Irrglauben lehren. Deutschland wäre nicht das einzige westliche Land, in dem Exorzismus praktiziert wird.
Für den Zeitraum 2016 bis 2017 zählt in Großbritannien der neueste Kinderschutzbericht der britischen Regierung, der „Children in Need Census", 1.460 Fälle von sogenanntem glaubensindiziertem Kindesmissbrauch.
Solche Statistiken fehlen in Deutschland, weil die Behörden für solche Fälle laut Obot noch nicht genug sensibilisiert sind. Ihre Forderung: „Wenn ein Kind aus dem afrikanischen Kulturkreis sagt, dass es eine Hexe ist, dann darf das nicht herabgespielt werden, sondern es muss aufgehorcht werden."
Akademische „Nachrüstung"
Derzeit studiert Obot nebenberuflich „Kultur und Theologie", damit sie von den Pastoren noch ernster genommen wird, wenn sie den Lehren der Exorzisten etwas entgegensetzt: „Tagtäglich wird den Leuten eingebläut, dass sie von Dämonen, Hexen und Geistern umgeben sind. Mit der selben Vehemenz muss man eine andere Botschaft verbreiten."
Die 37-Jährige hofft, sich in ihrem Widerstand gegen die Hexenverfolgung mit anderen Akteuren - vor Ort und weltweit - noch besser vernetzen zu können. „Das Problem ist so weit verbreitet, es braucht viele Menschen, die sich dem annehmen."
Ein Mädchen als Mutmacherin
Hat sie keine Angst, dass sich die Exorzisten an ihr rächen, wenn ihre Aufklärungsarbeit fruchtet? Obot schüttelt den Kopf.
Kinder wie Joy motivierten sie, weiterzumachen: Joys Vater vertrieb das Mädchen mit elf Jahren als „Hexenkind" aus dem Haus, daraufhin vergewaltigten die Hilfsarbeiter ihres Vaters sie. Heute ist sie 15 Jahre alt und trotz allem Erlebten voller Lebensmut. „Wenn diese Kinder so stark sind, dann muss ich selbst auch stark sein, um ihnen zu helfen. Sie haben schon vorgemacht, wie das geht", sagt Maimouna Obot.
Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)
Geisterglaube und Hexenglaube sind in Nigeria weit verbreitet. Die abrupte Christianisierung durch Missionare im Zeitalter des Kolonialismus konnte dem nichts entgegensetzen, da viele Menschen ohne Unterweisung im christlichen Glauben getauft wurden; etwa die Hälfte der mehr als 190 Millionen Nigerianer sind christlich. Im Volksglauben gibt es die Überzeugung, dass Kinder ebenso wie alte Menschen eine besondere Verbindung zur übersinnlichen Welt haben. Viele Prediger bauen ihre ganze kirchliche Arbeit auf dem Hexenglauben auf, predigen wie man sich vor Geistern schützen kann, halten Konferenzen ab und verdienen mit Exorzismus teilweise viel Geld. Nicht nur Pfingstkirchen, sondern Kirchen jeder Denomination - auch beispielsweise protestantische Kirchen - praktizieren laut der Stuttgarter Juristin Maimouna Obot den Exorzismus - auch wenn der nicht immer mit körperlicher Gewalt verbunden sein muss.
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