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Mehr als eine Million Schülerinnen und Schüler besuchen Religionsunterricht in Baden-Württemberg

Interreligiöser Dialog erfordert „gebildete Religion“

Mehr als eine Million Schülerinnen und Schüler besuchen in Baden-Württemberg den katholischen oder evangelischen Religionsunterricht, darunter auch konfessionslose Kinder und Jugendliche, die freiwillig teilnehmen. Darauf wiesen die Bildungsverantwortlichen der katholischen und evangelischen Kirchen in Baden-Württemberg hin. Eine Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der sich mehr als 1000 Teilnehmende auf freiwilliger Basis beteiligten, hatte laut dpa ergeben, dass mehr als zwei Drittel der Deutschen für eine Abschaffung des Religionsunterrichts an Schulen seien.

„In der gegenwärtigen religionspluralen Situation ist der konfessionelle Religionsunterricht besonders wich-tig“, sagte Christoph Schneider-Harpprecht, Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Baden. Der interreligiöse Dialog erfordere „eine gebildete Religion“. Religion sei eine Dimension des Menschseins und ein Modus der Welterschließung und „muss deshalb einen festen Platz in der schulischen Bildung haben“, erläuterte Susanne Orth, Ordinariatsrätin der Erzdiözese Freiburg. Ordinariatsrätin Ute Augustyniak-Dürr der Diözese Rottenburg-Stuttgart sprach von religiöser Identitätsbildung.

„Diese religiöse Identität und Sinnbildung“, so Augustyniak-Dürr, „sind ein Grundbedürfnis des Menschen und für Jugendliche besonders wichtig“. Dieses Bedürfnis müsse kultiviert werden, um Fundamentalismus zu verhindern. „Der religiösen Bildung an den Schulen ist es zu verdanken, dass der Fundamentalismus in Deutschland bislang so gering gehalten wurde“, betonte Werner Baur, Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Dies sei ein Grund dafür, warum sich die Kirchen auch für den muslimischen Religionsunterricht stark machten. Auch in den östlichen Bundesländern steige trotz geringer Kirchenmit-gliedschaft das Interesse am Religionsunterricht, die Teilnahme liege inzwischen weit über 20 Prozent.

Die Kirchen verwiesen auch auf das Jahresgutachten 2016 des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration „Viele Götter, ein Staat: religiöse Vielfalt und Teilhabe im Einwanderungs¬land“. Dort heißt es unter anderem zum Thema Staat und Religionsgemeinschaften: „Für viele Menschen gibt ihre Religion Antworten auf letzte Fragen und hilft bei der Bewältigung der Ungewissheit von Gegenwart und Zukunft.“ Sie habe Bedeutung für Integrationsprozesse, da „gerade bei Zugewanderten das Bedürfnis nach Orientierung und Halt besonders ausgeprägt ist“. Es gehe darum, die Religionen und die Menschen „pluralismusfähig“ zu machen und dafür zu sorgen, dass diese den Umgang mit Anders- und Nichtgläubigen praktizierten. „Genau dafür ist der konfessionelle Religionsunterricht an den Schulen prädestiniert, genau das findet im Religionsunterricht an deutschen Schulen statt“ und werde von den Lehrkräften kompetent begleitet“, betonte der badische Oberkirchenrat Schneider-Harpprecht. „Darauf sollten wir keinesfalls verzichten“, waren sich die Vertreter der vier großen Kirchen in Baden-Württemberg einig.

Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche