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Landesbischof July: „Rassismus und Hetzerei keine Chance geben“

Tagung der Württembergischen Evangelischen Landessynode hat begonnen

Stuttgart. Zum Auftakt der dreitägigen Frühjahrstagung der Württembergischen Evangelischen Landessynode hat Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July am heutigen Donnerstag in seinem Bischofsbericht gefordert, „bis auf Weiteres“ keine Abschiebungen nach Afghanistan vorzunehmen. Ebenso wandte sich der Landesbischof gegen selektive Pränataldiagnostik und plädierte angesichts des Wahlkampfs in diesem Jahr dafür, Rassismus und Hetzerei keine Chance zu geben. Die 98 Landessynodalen tagen bis einschließlich Samstag im Stuttgarter Hospitalhof.

In den Mittelpunkt des Berichts unter dem Titel „Vierfach evangelisch – glauben auf gutem Grund“ stellte July die vier „soli“ („allein“) der Reformation, die auf den Stellenwert von Bibel, Jesus Christus, Gnade und Glaube hinweisen. Es könnten durch das Reformationsjubiläum von Deutschland, dem Ursprungsland der Reformation, auch jetzt wieder neue ökumenische Aufbrüche ausgehen. Im interreligiösen Dialog komme die Kirche erst weiter, wenn sie Jesus Christus nicht ausklammere, so der Landesbischof. Für muslimische Gesprächspartner sei das allerdings eine Zumutung, da sie die Dreieinigkeit von Vater, Sohn und Heiligem Geist als Drei-Götter-Lehre missverstünden.

Angesichts der Verrohung von Sprache und der bewussten Herabsetzung von Menschen in Hass-Mails forderte July eine neue Sensibilität für Sprache und ein „Eintreten für eine Sprache des Herzens“. Das gelte in den sozialen Medien genauso wie in kirchlichen und politischen Debatten. „Gerade im Jahr vieler Wahlen ist klar: Wir wollen Rassismus und Hetzerei keine Chance geben“, erklärte der Landesbischof.

Die Kirchen, so July, bitten nachdrücklich, auf Abschiebungen nach Afghanistan zu verzichten. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass zum Beispiel Menschen, die auf dem Weg zu einer guten Integration sind, in ein Land voll Krieg, Terror und Unsicherheit abgeschoben werden. Auf keinen Fall darf aus innenpolitischem Kalkül schablonenhaft vorgegangen werden. Eine genaue und sorgfältige Einzelfallprüfung ist notwendig. Wo wir so deutliche Gefahr für Leib und Leben sehen wie in Afghanistan, können wir nicht guten Gewissens abschieben.“

Mit großer Sorge erfülle ihn, sagte Landesbischof July, wenn weitere vorgeburtliche Tests (NIPT) auf die Trisomien 13, 18 und 21 als Leistung der Krankenkassen in die reguläre Schwangerenversorgung aufgenommen werden sollen: „Die pränatale Suche nach genetischen Merkmalen ist im eigentlichen Sinn keine Schwangerenvorsorgeuntersuchung, sondern eine selektive Fahndung nach unerwünschten Abweichungen. Als Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg kann und will ich die Normalisierung selektiver Pränataldiagnostik und deren erwartbarer gesellschaftlichen Folgen nicht gutheißen.“

Am Freitag beschäftigen sich die Landessynodalen in einer Aktuellen Stunde mit dem Thema „Wie privat ist Religion?“ sowie dem ersten Nachtragshaushalt 2017. Der Nachmittag und der Abend sind dem Thema „Kirche in ländlichen Räumen“ gewidmet. Dazu sprechen Dr. Thomas Schlegel von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland sowie Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz, sowie der Geschäftsführer des Evangelischen Bauernwerks in Württemberg e. V. und EKD-Beauftragte für agrarsoziale Fragen, Dr. Clemens Dirscherl.

Am Samstag wird die Synode sich unter anderem mit den Beratungen zum PfarrPlan 2024 sowie dem Konzept „Kirche trotzt Armut und Ausgrenzung“ befassen.

Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche