| Geistliches

„Beten hilft“

Am 3. März feiern Frauen den Weltgebetstag

Jedes Jahr am ersten Freitag im März kommen in mehr als 100 Ländern der Erde Frauen zusammen, um einen Gottesdienst zu feiern, für Menschen in einem bestimmten Land zu beten und sich für eine gerechtere Welt einzusetzen. Was vor 200 Jahren in den USA begann, ist zu einer weltweiten ökumenischen Basisbewegung christlicher Frauen geworden. Was fasziniert Frauen noch heute daran? „Beten hilft“, sagen sie. Stephan Braun hat mit drei Frauen gesprochen, die seit Jahren dabei sind.

Lore RaudonatEMH/Schmitt

Was fasziniert Sie am Weltgebetstag so sehr, dass Sie sich seit Jahren engagieren?
Mechtild Carlé: Dass man ökumenisch was macht und wirklich die Anliegen von Frauen vertritt. Mir ist auch das Zusammenspiel von Beten und Sich-Informieren wichtig. Und es hat für mich etwas Faszinierendes, dass ich weiß, dieser Gottesdienst wird gerade auf der ganzen Welt gefeiert.
Lore Raudonat: Ich finde faszinierend, dass der Weltgebetstag Frauen zusammenbringt, die sonst nicht unbedingt etwas zusammen machen würden. Ich finde beeindruckend, wie viel Kreativität, Vielfalt und Kompetenz sichtbar wird in der Beschäftigung mit einer Gottesdienstordnung, die Frauen des jeweiligen Schwerpunktlandes erarbeitet haben. Auch die Gottesdienste, die Hunderttausende von Frauengruppen anhand des gleichen Textes gestalten, bewegen mich sehr.
Anita Lichti: Ich kann das alles unterstreichen. Wenn ich morgens aufstehe, weiß ich, irgendwo auf der Welt feiern schon Frauen diesen Gottesdienst. Und das geht den ganzen Tag so weiter. Dass alle möglichen christlichen Konfessionen rund um den Erdball für ein gemeinsames Schwerpunktland am selben Tag beten können, bewegt mich tief und ist für mich sehr wertvoll. Unsre Maxime heißt ja: „Informiert beten, betend handeln.“


Die Interviewpartnerinnen
Lore Raudonat (61), Evangelische Frauen in Württemberg, Vorstandsmitglied im Deutschen Komitee des Weltgebetstages der Frauen und dort für die Pflege internationaler Kontakte zuständig;
Anita Lichti (74), Mennonitische Gemeinden in Deutschland, Vorsitzende der Württembergischen Arbeitsgemeinschaft für den Weltgebetstag;
Mechtild Carlé (40), Pastoralreferentin der katholischen Kirche in Stuttgart.


Mechthild CarléEMH/Schmitt

Hilft denn beten?
Lichti: Ja.
Raudonat: Auf jeden Fall. Ich finde es wunderschön, mit hineingenommen zu werden in die Spiritualität von anderen Menschen. Auch wenn wir alle unterschiedliche Traditionen haben und uns vielleicht schwer tun, beispielsweise mit dem öffentlichen Gebet.
Carlé: Das Gebet bewirkt, dass ich aufgeschlossener werde. Ich erlebe, wie unterschiedlich gebetet wird und wie unterschiedlich andere Akzente setzen. Teilweise wird das Gebet auch mit einem Tanz unterstützt. Und jede von uns kann sich was rauspicken und merken: Das kommt mir nah.
Lichti: Ich stelle fest: Ich werde offener und gelassener. Beten ändert was in mir.
Raudonat: Ich werde vielleicht auch ein bisschen demütiger. Wir neigen ja dazu, von unserer Perspektive aus Dinge zu beurteilen. Ich lerne, andere Perspektiven einzunehmen.
Lichti: Durch das informierte Beten bekomme ich einen weiteren Horizont und ich werde aufmerksamer.
Raudonat: Andere, zu denen ich erst mal eine Distanz habe, rücken mir durch das Gebet näher. Die Fremdheit nimmt ab. Ich empfinde es als eine unglaubliche Bereicherung, wenn ich mit Menschen bete, die anders beten, anders denken und ein anderes Gottesverhältnis haben. Das hilft mir, die eigenen engen Grenzen zu überschreiten.

Anita LichtiEMH/Schmitt

Ich habe gelesen, der Weltgebetstag habe die Kirchen verändert. Inwiefern?
Carlé: Im ökumenischen Zusammenspiel vielleicht. Weil man beim Weltgebetstag seit vielen, vielen Jahren so selbstverständlich zusammenarbeitet. Vielleicht ist er so etwas wie ein Türöffner für die Ökumene.
Lichti: Ich denke, der Weltgebetstag ist die vielleicht unkomplizierteste Ökumene. Man kommt einfach zusammen und plant und feiert diesen Gottesdienst ohne große Dialoge oder Trialoge vorher. Da wird nicht gefragt, welcher Kirche du angehörst.
Raudonat: Der Weltgebetstag war für viele Frauen auch die Chance, sich aktiv am Gottesdienst zu beteiligen und ihn mitzugestalten. Heute können wir feststellen, dass der Weltgebetstag viel dazu beigetragen hat, dass die Auseinandersetzung mit weiblichen Gottesbildern, Frauengestalten in der Bibel oder frauengerechter Sprache so selbstverständlich geworden ist.
Carlé: Die katholische Kirche ist schon sehr männerdominiert. Ich finde es da wohltuend, dass der Weltgebetstag ein Bereich ist, in dem wir Frauen das Sagen haben und selber kreativ sein dürfen und kein Mann uns reinredet.


Der Weltgebetstag wird jährlich mit einem Gottesdienst am ersten Freitag im März,
2017 am 3. März, gefeiert. Er bezeichnet zugleich eine weltweite ökumenische Basisbewegung christlicher Frauen, für die Glaube, Gebet sowie der Einsatz für eine gerechte Welt untrennbar zusammen gehören. Der diesjährige Weltgebetstag steht unter dem Motto „Was ist denn fair?“. Schwerpunktland sind die Philippinen.


Weltgebetstag 2017 Mechthild Carlé, Anita Lichti, Lore Raudonat (v.l.n. r.)EMH/Jens Schmitt

Die Bewegung ist nun 200 Jahre alt. Wie sieht wohl der Weltgebetstag in 50 Jahren aus?
Lichti: Einiges verändert sich immer: Vor zehn Jahren gab es noch einen Verkündigungsteil. Jetzt heißt dieser Teil: nachdenken und austauschen.
Raudonat: Wir werden in großer Selbstverständlichkeit ökumenisch unterwegs sein.
Carlé: Ich lade immer bewusst Mädchen und junge Frauen ein, die beim Krippenspiel oder bei den Sternsingern mitmachen. Ihnen ist das Thema ja schon ein Anliegen. Meine Erfahrung ist: Wenn sie einmal da waren, bleiben sie dabei.
Raudonat: Vielleicht wird in 50 Jahren der Weltgebetstag in Deutschland nicht mehr so flächendeckend und mit so vielen Frauen gefeiert. Aber ich bin überzeugt, dass es in vielen anderen Ländern, vor allem auch in Osteuropa viel Begeisterung für den Weltgebetstag geben wird. Ich habe junge engagierte Frauen von dort kennengelernt, die sich als Europäerinnen und Weltbürgerinnen verstehen und denen der Weltgebetstag ans Herz gewachsen ist.


Die Philippinen sind geprägt von einer Schönheit der Natur, aber auch von zerstörerischen Naturgewalten, internen Konflikten und Umweltkatastrophen, die von Menschen zu verantworten sind. Die Ressourcen sind sehr ungleich verteilt. Wenige Familien beherrschen die Wirtschaft und Politik und verfügen über enormen Reichtum. Große Teile der Bevölkerung leben in Armut. Wer sich für Menschenrechte, Umweltschutz, Landreformen oder die indigene Bevölkerung einsetzt, lebt oft gefährlich. Der so genannte Anti-Drogen-Krieg hat seit dem vergangenen Jahr zudem mehr als 7.000 Todesopfer gefordert. Amnesty International sagt dazu: „Das ist kein Krieg gegen Drogen, das ist ein Krieg gegen die Armen.“ Inzwischen gebe es auf den Philippinen eine „regelrechte Mordindustrie“ und Polizeibeamte würden für außergesetzliche Tötungen bezahlt.

Mehr News

  • Datum: 22.04.2024

    Innovationstag: Jetzt anmelden!

    Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.04.2024

    KI in der Gemeindearbeit einsetzen

    Was ist Künstliche Intelligenz und was ist damit anzufangen? Eignet sich KI auch für die Gemeindearbeit und wo konkret kann sie dort zielgerichtet angewendet werden? Mit diesen Fragen befasst sich am 16. Mai ein Online-Seminar des Evangelischen Medienhauses.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.04.2024

    „Konfirmanden ist Glaube wichtiger als Geschenke“

    Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    „Kirche mit Kindern“ ist einfach lebendig

    Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    Video: Multitalent mit Down-Syndrom

    Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 17.04.2024

    „Der Segen Gottes gilt uns allen“

    Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Segen, Mut & Traubenzucker

    In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Digitaler Notfallkoffer für die Seele

    Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Zum 200. Todestag von Beata Regina Hahn

    Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    „Wir beten, dass die zerstörende Gewalt ein Ende nimmt“

    Die Landeskirchen in Württemberg und Baden haben den Jüdinnen und Juden im Land Grüße zum Pessach-Fest übersandt. Darin nehmen Landesbischof Gohl und Landesbischöfin Springhart Bezug auf den Angriff der Hamas wie auch auf den Raketenangriff des Iran auf Israel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    Hoffnung wird durch Menschen vermittelt

    Bei einer religionspolitischen Tagung der SPD-Bundestagsfraktion am 12. April in Berlin unter dem Titel „Mehr Zuversicht! Mit Hoffnung die Zeiten wenden“ betonte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, wer die Verwurzelung in Jesus Christus spüre, werde für andere zur Hoffnung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.04.2024

    Landesbischof Gohl: "Wir stehen an der Seite Israels"

    "Der Angriff des Iran bedroht die Existenz Israels. Wir müssen daran erinnern, dass alles mit dem Pogrom der Hamas an Israel begann." Gohl weist weiterhin auf die israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas hin.

    Mehr erfahren
Mehr laden