| Gesellschaft

Wenn Kirche auf Sport trifft

Bastian Schweinsteiger und Mesut Özil haben mit Robin und Laura etwas gemeinsam. Die einen sind die besten Fußballer der Welt, die anderen sind kickende Konfirmanden. Die vier verbindet die Leidenschaft für Sport. Damit sind sie nicht alleine. Der Stellenwert des Sports wächst stetig. Die gesellschaftliche Bedeutung – nicht nur des Fußballs – ist riesig. Der Sport ist eine Welt für sich und für viele Menschen ein wesentlicher Teil des Lebens. Was bedeutet das für die Kirche? Henrik Struve, EJW-Landesjugendreferent für Sport und Erlebnispädagogik, gibt Antworten.

Henrik Struve, EJW-Landesjugendreferent für Sport und Erlebnispädagogik sagt: "Wenn Kirche in Bewegung kommt, ist das ein gutes Zeichen."Fabian Klein - EJW

Sport verbindet

Wir befinden uns mitten in der Fußball-Europameisterschaft. Gemeinsam mitfiebern ist angesagt. Rund 40 Millionen waren es beim WM-Finale 2014. Vor dem Fernseher, beim Public-Viewing vereint. Kein Thema bewegt die Massen mehr. Kein Thema kann Menschen so einfach verbinden. Da ticken die Uhren anders: Sitzungen werden verschoben, Zeitpläne bei Synoden angepasst, damit Zeit für den König Fußball bleibt. Es ist faszinierend, welche Anziehungskraft der Sport und solche Events haben. Ein Phänomen, das auch viele Kirchengemeinden entdecken. Sie öffnen ihre Türen und laden Menschen zum Mitfiebern ein. Und manche machen sogar mit Sportvereinen gemeinsame Sache. 

Wenn Kirche in Bewegung kommt, ist das ein gutes Zeichen. Denn den Sport in den Blick zu nehmen, bedeutet die Menschen zu finden. Das ist gut so. Denn sich zu bewegen gehört zum Leben dazu – ist lebensnotwendig. Nicht nur im übertragenden Sinne. Für viele Menschen ist es Alltag. Mehr als die Hälfte der Bundesbürger bewegt sich regelmäßig. Davon sind knapp 28 Millionen Mitglied in einem Sportverein, in Württemberg sind es 2 Millionen in 5.720 Vereinen. Dazu kommen 8,5 Millionen Kunden in über 8.000 Fitnessstudios – Tendenz stark steigend. Damit nicht genug. Viele Unternehmen mischen mit, machen Sportangebote auch im Hobbybereich. Bewegung, Gesundheit und Fitness sind die Megathemen der individualisierten Gesellschaft. Auf den Sport wird oft der Tagesablauf abgestimmt, das Wochenende verplant und der Sinn des Lebens aufgebaut. Hat Kirche da noch Platz in dieser Sportwelt? Oder sind wir ein Auslaufmodell? 

Sport ist ein starkes Stück Leben

Mitnichten. Kirche ist gefragt. Denn „der Sport“ ist „ein starkes Stück Leben“, wie der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber beschreibt. Im Sport geschieht viel Leben: „In ihm bündeln sich Hoffnung und Enttäuschung, Freude und Niedergeschlagenheit, Gemeinsamkeit und Unterscheidungswille.“ Kirche ist schon mittendrin im Sport, denn viele Christinnen und Christen sind auch Sportlerinnen und Sportler. Trotzdem braucht es offizielle Berührungspunkte. Denn der Sport fragt sich: „Woher bezieht man die Maßstäbe, zwischen fairem und unfairem Sport, ästhetischen und unästhetischen sportlichen Aktivitäten zu unterscheiden, oder um Leistungsmanipulation, Doping, Gewalt, unkontrollierte Kommerzialisierung und Vermarktung des Sports oder ungezügelte sportliche Erfolgs-Ideologien zu verurteilen?“ Was ist der Beitrag von Kirche im Sport? Können wir hier nicht mit unserer theologischen Perspektive sinnhafte Orientierung geben? Gott ins Spiel bringen? 

Seit 1964 gibt es eine offizielle Partnerschaft zwischen dem organisierten Sport und den Kirchen. Seitdem werden unter dem Label „Kirche und Sport“ Brücken gebaut. Ein Landesarbeitskreis vernetzt verschiedene Vertreter, diskutiert Themen wie Sonntagsschutz, Menschenwürde oder Integration. Kirche und Sport nutzen die Plattform für den gemeinsamen Einsatz zum Wohle der Menschen in Sport und Kirche. Daraus haben sich u. a. Stadionkapellen, beispielsweise in Berlin, die seelsorgerliche Begleitung von Spitzenathleten bei Wettkämpfen, beispielsweise bei Olympia, und Studienkurse und Sportlergottesdienste, beispielsweise beim Deutschen Fußballbund entwickelt. Zwischen Kirche und Sport liegt großes Potential – und das endet nicht mit dem Fußballturnier für Pfarrer beim Kirchentag. Ob es zukünftig tatsächlich weiter entfaltet wird, ist unklar. Die EKD und die Landeskirchen haben ihr Engagement in den letzten Jahren stark verringert, Sportbeauftragungen gestrichen.

Teilnehmende beim KonfiCup-Landesfinale 2016 im Neckarpark Stuttgart.EJW/Julian Meinhardt

Evangelische Sportbewegung

Bewegung spielt in der Landeskirche auch an anderer Stelle eine Rolle. Mit dem Eichenkreuz-Sport innerhalb des Evangelischen Jugendwerks Württemberg gibt es einen Akteur, der sich für ganzheitliche, praktische Sportangebote innerhalb der Gemeinden, CVJMs und Jugendwerken einsetzt. Der Eichenkreuz-Sport ist ein Sportverband mit besonderer Aufgabenstellung im Württembergischen Landessportbund und versucht im ungewohnten Kontext des Sports das Evangelium neu zu buchstabieren. Dabei bringen eigene Formate den christlichen Glauben und die christlichen Werte ins Spiel. Beispielhaft sind dabei die EichenkreuzLiga mit ihrem Motto „Erlebnis geht über Ergebnis“, das EJW-Laufteam beim Stuttgart-Lauf mit dem Slogan „Sieger – ich glaub schon“ oder das neue Turnierportal www.sportturniere.net mit dem Claim„Mehr miteinander spielen“ – alles Ansätze für innovative Querverbindungen zwischen Kirche, Glauben und Sport. Dazu zählt auch der Glaubenskurs „Emmaus Sport“. Dort bildet der Sport mit seiner Sprache, seinen Situationen und seinen Räumen den Ausgangspunkt für die Entdeckung des Glaubens. Es sind erste Schritte, um mit Sportlern auf Augenhöhe unterwegs zu sein. 

Tatsächlich spielt Glauben im Sport eine große Rolle. Die „SportRegion Stuttgart“, eine Organisation zur Förderung und Vernetzung des Sports, hat im letzten Jahr Sportler gefragt, woran sie glauben. 365 Statements, die unter www.daranglaubeich.de nachgelesen werden können, überraschen und bieten Anknüpfungspunkte für Kirche. Es lohnt sich, den Sportlern in ihrer Sportwelt nachzuspüren. Dort, wo Menschen unterschiedlicher Milieus aufeinander treffen und sich miteinander bewegen, darf Kirche eigentlich nicht fehlen. 

Sport und Gemeinde

Wie kann das aussehen? Wie sehen Anknüpfungspunkte aus? Viele Christen und Gemeindemitglieder sind Teil der Sportwelt. Sie ehren in der körperlichen Bewegung Gottes Schöpfung. Sie sind Brückenköpfe. Wir können gemeinsam mit diesen begeisterten Sportlern nach Ansätzen suchen, wie neue Kontakte entstehen. Vielleicht entwickelt sich ein Flüchtlingsprojekt wie der „FC Doppelpass“ in Pleidelsheim, ein Eichenkreuzfußballverein für Flüchtlinge von der Kirchengemeinde in Kooperation mit dem örtlichen Fußballverein. Vielleicht eine Laufgruppe wie in Holzgerlingen oder ein Sportlergottesdienst zum Handballturnier am Ort. Es sind einfache Berührungspunkte, die neue Verbindungen zur Gemeinde schaffen können. 

Ob Robin und Laura nach ihrer Konfirmation weiter mit Kirche verbunden bleiben, wissen wir nicht. Dass sie in der Konfi-Zeit für die Kirchengemeinde gekickt haben, hat sie allerdings überrascht. Dass ihr Pfarrer beim KonfiCup mitgefiebert hat, hat sie schwer beeindruckt. Vielleicht sind es am Ende diese ungewöhnlichen Erfahrungen mit Kirche, die Menschen mit Glauben in Kontakt bringen.

Quelle: Henrik Struve, Evangelisches Jugendwerk Württemberg


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