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Geschichte zum Ausmalen

Ausstellung im bibliorama zeigt die Geschichte und Bedeutung der Psalmen

„Psalmen in Fülle“ – so heißt die Ausstellung, die vom 4. Mai bis 11. November im bibliorama – das bibelmuseum stuttgart zu sehen ist. Sie behandelt die Geschichte und die Wirkung der Psalmen auf Kunst, Musik und Liturgie. Einzelbesucher jeden Alters und Gruppen können hier nicht nur Exponate bestaunen, sondern sich auch aktiv einbringen.

In einer Vitrine liegt ein kleiner Psalter aus dem 16. Jahrhundert, gerade mal so groß wie ein Handteller. Er stammt von einer Hugenottin, die ihn sich auf der Flucht vor den Katholiken in ihren Dutt gebunden hatte. Daneben liegt ein handgeschriebenes Buch der katholischen Nonne Barbara von Rottenburg. In diesem fleht sie zu Gott, in Form von Psalmen, um Beistand in ihrer Not. Die Protestanten wüten im Zuge der Bauernkriege durch die Kirchen und Klöster und sie fürchtet um ihr Leben. Die Psalmen gaben ihr Hoffnung. „Die Bücher hätte man früher sicher nicht nebeneinander gefunden. Hier ist also ganz schön Spannung in der Vitrine“, erklärt Pfarrerin Franziska Stocker-Schwarz, Leiterin des bibliorama.

Psalter der Hugenotten (links unten) und Buch der Nonne Barbara (rechts)EMH

Die beiden Bände ausgenommen, findet man in der Ausstellung „Psalmen in Fülle“ kaum wertvolle Originalgegenstände. Die Exponate sind vielmehr Symbole, die interpretiert werden möchten. „Wir wollen unsere Besucher anleiten, sich auf die Suche nach dem Sinn der Dinge zu begeben“, erklärt Pfarrerin Franziska Stocker-Schwarz. Der Besucher soll hier nicht durchmarschieren und sagen: ‚Ok, check, check, alles gesehen‘. Er soll in der Ausstellung einen Zugang zum Glauben und dessen Bedeutung finden“, betont sie.

Beim Eintritt in den Ausstellungsraum lohnt sich der Blick nach oben. Über der Tür steht das hebräische Wort „ashreh“ was so viel bedeutet wie „gesegnet“. Laut Stocker-Schwarz bezieht es sich auf Psalm 1, in dem der Gläubige angehalten wird, Erfüllung im Studium von Gottes Wort zu finden. Mit diesem Segen und Auftrag betritt jeder Besucher den Raum. Die Ausstellung ist aber weit mehr als ein trockenes Studium.

Franziska Stocker-Schwarz mit dem Stuttgarter PsalterEMH

Auf der rechten Seite fallen die großen goldenen Blechinstrumente ins Auge: Schellen, eine Laier, eine große Tuba und andere Blasinstrumente hängen da. Sie alle wurden benutzt, um Sängerinnen und Sänger von Psalmen zu begleiten. Daneben einige Kopfhörer. Drückt man auf einen der Knöpfe an der Wand, erklingt zum Beispiel Händels beschwingtes „Halleluja“. Oder ein Frauenchor singt „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir“ und ihre tiefempfundene Trauer wird greifbar. Besucher, die um die Mittagszeit in die Ausstellung kommen, können mit echten Chören und Kantoren die Psalmen proben. „Es ist egal, ob sie mitbrummen, mitsummen, eine gute Stimme haben, oder nicht. Hier geht es um das befreiende Gefühl, dass das gemeinsame Singen der Psalter freisetzt“, sagt Stocker-Schwarz.

Ein Herzstück der Ausstellung ist der sogenannte Stuttgarter Psalter, den Herzog Karl Eugen 1780 aus Paris nach Württemberg brachte. Aufgeschlagen ist der wohl bekannteste Psalm: „Der Herr ist mein Hirte“ (Psalm 23). „Was ich an den mittelalterlichen Büchern besonders beeindruckend finde, ist die Ausdruckskraft ihrer Bilder“, sagt Stocker-Schwarz. In diesem Fall schaut den Betrachter ein gütiger Jesus an. Er ist umgeben von frischem Grün und verscheucht mit seinem Hirtenstab eine böse Schlange von der Quelle zu seinen Füßen.

Neben den bildgewaltigen Drucken aus dem Mittelalter, findet man auch zwei eher nüchtern wirkende Bücher. In dem einen ist ein Psalm aus dem Alten Testament auf Hebräisch abgedruckt, in dem daneben einer aus dem neuen Testament auf Griechisch. „Dies sind Drucke der ersten Fassungen der beiden Schriften. Ich möchte, dass den Besuchern bewusst wird, dass egal wie wir den Messias interpretieren, Christen und Juden die gleiche Glaubensgrundlage haben“, erläutert Stocker-Schwarz. Auch auf die Ökumene lässt sich dieses Bild übertragen: So sind nicht nur die Werke von Reformatoren prominent in der Ausstellung zu sehen, sondern auch ein Psalter mit golden verzierten Heiligen. „Die Psalmen, wie wir sie kennen sind ja Übersetzungen und lassen Raum zur Interpretation und so kann der Übersetzer das Geschriebene auslegen, wie es ihm am Besten in seine Deutung passt“, sagt Stocker-Schwarz.

Susanne ClaussenEMH

Von der Vertreibung der Israeliten, die in Gefangenschaft auf altertümlichen Instrumenten spielten, über Martin Luther, der im Kreise seiner Familie auf der Laute musiziert, bis hin zu Mahalia Jackson, die einen großen Saal mit ihrem bewegenden Gospelgesang füllt: Der sogenannte Musikantenfries zum Ausmalen ermöglicht Kindern und Erwachsenen einen spielerischen Zugang zur Geschichte der Psalmen. „Durch das Ausmalen des Wandbildes, überfliege ich es nicht nur mit den Augen, sondern setze mich bewusst mit einem Stück Geschichte auseinander. Identifiziere mich vielleicht sogar damit“, erläutert Susanne Claußen, die Kuratorin der Ausstellung. „Am Ende der Ausstellung wird die Wand bunt sein und die Besucher werden gemeinsam ein großes Bild geschaffen haben. So können wir zeigen: Die Psalmen ruhen nicht in der Vergangenheit. Sie wirken bis heute auf uns und inspirieren die Menschen."

Marie-Louise Neumann

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