| Gesellschaft

Wenn im September schon Weihnachten ist

Heute sind es noch genau 100 Tage bis Weihnachten. Die Geschäfte und Supermärkte stimmen seit Beginn des Monats mit Lebkuchen und Spekulatius schon jetzt darauf ein. Alles eine Sache der Nachfrage, sagt der Handel. Viel zu früh, meinen Kirchenvertreter und nicht wenige Kunden.

Kaum ist der Sommerurlaub vorbei, stehen sie in den Supermarktregalen: Vanillekipferl, Lebkuchen, Dominosteine und Spekulatius. Weihnachtsgebäck im frühen Herbst, wie passt das zusammen? Gar nicht, finden viele Verbraucher: „Das ist wirklich übertrieben früh“, sagt eine Kundin. „Aber ich finde, es ist generell ein Anzeichen dafür, dass wir immer alles haben müssen.“

Ähnlich formuliert es Eva Schulze, Pressesprecherin des Handelsverbands Baden-Württemberg. „Das Verbraucherverhalten hat sich geändert. Wir leben in einer globalen Welt, in der alles jederzeit verfügbar ist. Das ist wie mit Erdbeeren im Dezember.“ Sie könne es aber nachvollziehen, dass Verbraucher sich über den Verkauf von Weihnachtsgebäck wundern, wenn es draußen noch Sommer ist. Den Eindruck vieler Kunden, dass Vanillekipferl und Lebkuchen jedes Jahr früher in die Läden kämen, kann sie hingegen nicht bestätigen. „Das wurde ich schon vor zehn Jahren gefragt.“ Auch wenn Dominosteine und Lebkuchen nicht der Renner sind im September, kaufen laut statistischen Erhebungen acht Prozent der Befragten im September die ersten Weihnachtsprodukte. Die Nachfrage sei da, also komme man ihr nach, so Schulze. „Wir setzen da keine künstlichen Beschränkungen. Und für den Lebensmittelhandel ist jeder Euro Umsatz wichtig.“

„Der Adventskranz hat vier Kerzen und nicht sechs oder sieben“

Marie-Luise Kling-de Lazzer, Pfarrerin im Ruhestand, glaubt, dass sich die Gewinne der Geschäfte durch den frühen Verkauf von Weihnachtsgebäck nur verlagern. Wer im September schon Lebkuchen kauft, hat im Dezember keine Lust mehr darauf, so ihre Beobachtung. Der früheren Tübinger Dekanin liegt es sehr am Herzen, gerade auch jüngeren Leuten das Kirchenjahr zu vermitteln. „Jetzt ist erst einmal Erntedank. Wenn schon im September auf Weihnachten hingewiesen wird, entsteht der Eindruck: ‚Es ist doch egal, wann was ist.‘“ Zusammen mit dem Tübinger Pfarrer Dr. Karl Theodor Kleinknecht unterstützt sie die EKD-Initiative „Advent ist im Dezember“. Deren Botschaft: Alles hat seine Zeit. Die Aktion könne auch ein wichtiges Signal für die Kommunen sein, betont Kleinknecht. So konnte beispielsweise vor einigen Jahren in Tübingen verhindert werden, dass bereits für Totensonntag die öffentliche Weihnachtsbeleuchtung genehmigt wurde. „Die geschmückten Straßen haben eine große Wirkung auf die Stimmung der Menschen – schon von klein auf. Der Adventskranz hat aber vier Kerzen – nicht sechs oder sieben, wie es dem Handel am liebsten wäre.“

Eva Schulze vom Handelsverband räumt ein, dass die Begegnung mit weihnachtlichen Symbolen vor der Adventszeit vor allem für Familien kompliziert sein kann: „Wenn Kinder im September Lebkuchen in den Regalen sehen, denken sie, dass das Christkind jeden Moment vor der Tür steht.“ Gerade Kinder würden durch Weihnachtsgebäck, Sterne und Kerzen Weihnachten kennenlernen und mittels Symbole das Kirchenjahr begreifen, bestätigt Dekanin i. R. Kling-de Lazzer. Hier sei es Aufgabe der Kirche, verstärkt für die „Rhythmisierung des Jahres“ einzutreten. Auch wenn das Weihnachtsgebäck die Adventszeit vorwegnimmt – die Bedeutung der Weihnachtsbotschaft sei davon nicht betroffen. Dafür brauche es Vanillekipferl, Lebkuchen, Dominosteine und Spekulatius nicht. 

Nadja Golitschek

Mehr News

  • Datum: 29.03.2024

    Karfreitag: Bruchstücke des Lebens

    „Ich kann die Gebrochenheit in meinem Leben zulassen, weil ich weiß, dass auch ich mit all meiner Bruchstückhaftigkeit, auch mit meinem Scheitern einfach in Gottes Liebe aufgehoben bin“, sagt Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in diesem SWR-Gespräch über Karfreitag.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    „Leben ist ein unverfügbares Geschenk“

    In seiner Osterpredigt weist Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl auf die Heiligkeit des menschlichen Lebens hin und warnt vor gesellschaftlichen Risiken: „Eine Gesellschaft, die meint, sich selbst das Leben zu verdanken, verliert am Ende die Ehrfurcht vor dem Leben.“

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Osterbotschaft: „Sieg des Lebens“

    „Ostern ist der Sieg des Lebens über den Tod, der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit“, sagt Landesbischof Gohl in seiner Osterbotschaft. Im Video nimmt er Sie mit auf den Birkenkopf bei Stuttgart, wo nach dem 2. Weltkrieg große Mengen Fassadentrümmer aufgeschüttet wurden.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Mit den Sinnen feiern: Ostern mit den Konfis

    Ostern ist kein einfaches Fest. Wie man dieses zentrale Fest der Christenheit Konfirmanden und Konfirmandinnen nahebringt, davon erzählen Pfarrer Friedemann Bauschert (Stephanuskirche Tübingen) und Pfarrer Martin Trugenberger, Dozent für Konfirmandenarbeit am ptz.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Spenden für humanitäre Hilfe im Nahen Osten

    Nach den Angriffen der Hamas auf die israelische Bevölkerung ist die humanitäre Lage der Menschen in den betroffenen Gebieten dramatisch. Medikamente, Wasser und Lebensmittel fehlen. Dr. Annette Noller, Vorstandsvorsitzende der Diakonie Württemberg, bittet um Hilfe.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.03.2024

    Perspektiven für christlich-islamischen Dialog

    Dr. Friedmann Eißler, Islambeauftragter der Landeskirche, erklärt in einer aktuellen Stellungnahme, was den interreligiösen Dialog gegenwärtig so komplex macht.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.03.2024

    ACK-Broschüre über Nachhaltigkeit

    Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Baden-Württemberg fordert in den „Schöpfungs-Leitlinien“ nachhaltige Lebensbedingungen für die ganze Welt. Die erstmals 2002 herausgegebene Broschüre ist nun in einer überarbeiteten Neuauflage erhältlich.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    beraten & beschlossen Frühjahrssynode 2024

    Videos, Bilder, Berichte - unser digitales Synoden-Magazin gibt multimedial Einblick in die Frühjahrstagung der Landessynode am 15. und 16. März. Und um keine Ausgabe zu verpassen, können Sie sich hier für unseren „beraten & beschlossen“ Newsletter registrieren.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    Prälatur-Gottesdienste in der Karwoche und zu Ostern

    Die Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe der Landeskirche feiern an Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag Gottesdienste in ihrer Prälatur. Hier finden Sie die Terminübersicht.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.03.2024

    FAQ zu Ostern: Auferstehung für Zweifelnde

    Ohne Auferstehung gäbe es kein Ostern. Doch woran glauben Christinnen und Christen da eigentlich, und was ist, wenn einem dieser Glaube schwerfällt? Was sagt die Bibel dazu? Pfarrer Dan Peter, Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, gibt Antworten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.03.2024

    Dr. Fabian Peters wird Dezernent für Finanzmanagement & Informationstechnologie

    Dr. Fabian Peters leitet künftig das Dezernat für Finanzmanagement und Informationstechnologie im Stuttgarter Oberkirchenrat. Der Landeskirchenausschuss hat ihn am Donnerstag, 21. März, in dieses Amt gewählt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.03.2024

    Der Passion und Auferstehung Jesu nachgehen

    Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern sind Höhepunkte im Kirchenjahr. Evangelische Kirchengemeinden und Einrichtungen erinnern mit Ostergärten und -wegen an Jesu Leiden, Tod und Auferstehung.

    Mehr erfahren
Mehr laden